Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
Entscheid: KV.2018.00090 [9C_606/2021 vom 16.08.2022]

Sozialversicherungsgericht

des Kantons Zürich

KV.2018.00090


I. Kammer

Sozialversicherungsrichterin Fehr, Vorsitzende
Sozialversicherungsrichter Bachofner
Sozialversicherungsrichterin Maurer Reiter
Gerichtsschreiberin Hartmann

Urteil vom 20. März 2020

in Sachen

X.___


Beschwerdeführerin


vertreten durch Rechtsanwalt Michael Grimmer

Peyer Partner Rechtsanwälte

Löwenstrasse 17, Postfach, 8021 Zürich


gegen


Visana AG

Weltpoststrasse 19/21, Postfach 253, 3000 Bern 15

Beschwerdegegnerin




Sachverhalt:

1.    X.___, geboren 1988, ist bei der Visana AG obligatorisch krankenpflegeversichert. Sie leidet an einer spinalen Muskelatrophie (SMA) Typ II mit Tetraplegie. Am 28. November 2017 und erneut am 26. Januar 2018 ersuchte Prof. Dr. med. Y.___, Leitender Arzt der Klinik für Neurologie des Universitätsspitals Z.___, die Visana um Übernahme der Kosten für die Therapie mit dem Arzneimittel Spinraza® (Wirkstoff Nusinersen; Urk. 12/1, Urk. 12/5), was die Visana mit Schreiben vom 20. Dezember 2017 (Urk. 12/3) und vom 16. Februar 2018 (Urk. 12/10) nach Rücksprache mit ihrem vertrauensärztlichen Dienst (Urk. 12/2, Urk. 12/9) ablehnte.

    Mit Schreiben vom 23. März 2018 brachte die Versicherte Einwände dagegen vor und verlangte eine anfechtbare Verfügung, sofern dem Gesuch um Kostenübernahme für die Behandlung mit Spinraza® weiterhin nicht entsprochen werde (Urk. 12/13). Die Visana holte daraufhin die Stellungnahme von Dr. med. A.___, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, vom 17. April 2018 ein (Urk. 12/19) und lehnte gestützt darauf die Übernahme der Kosten für die Behandlung mit dem Medikament Spinraza® mit Verfügung vom 29. Mai 2018 ab (Urk. 12/20 S. 4). Dagegen erhob die Versicherte mit Schreiben vom 29. Juni 2018 Einsprache (Urk. 12/21), mit welcher sie den Bericht von Prof. Dr. Y.___ vom 25. Juni 2018 (Urk.  12/22) zu den Akten gab. Dazu nahm der Vertrauensarzt Dr.  A.___ am 22. August 2018 Stellung (Urk. 12/24). Mit Einspracheentscheid vom 28. August 2018 wies die Visana die Einsprache der Versicherten ab (Urk. 2).


2.    Hiergegen erhob die Versicherte mit Eingabe vom 28. September 2018 Beschwerde und beantragte, es seien ihr in Aufhebung der Verfügung vom 29. Mai 2018 und des Einspracheentscheides vom 28. August 2018 die gesetzlichen Leistungen zu erbringen und es sei die Beschwerdegegnerin insbesondere zu verpflichten, die Kosten für ihre Behandlung mit Spinraza® zu übernehmen; eventualiter sei ein Therapieversuch im Sinne der Beschwerdebegründung durchzuführen (Urk. 2 S. 2). Die Beschwerdegegnerin schloss in der Beschwerdeantwort vom 7. Dezember 2018 auf Abweisung der Beschwerde (Urk. 11 S. 2). In der Replik vom 29. Januar 2019 hielt die Beschwerdeführerin an ihren Anträgen fest (Urk. 15 S. 2) und reichte den Verlaufsbericht zur Physiotherapie vom 8. Januar 2019, die Berichte des Inselspitals vom 31. Oktober und 19. November 2018 sowie den Bericht des Z.___ vom 19. Juli 2018 (Urk. 16/1-4) ein. Die Beschwerdegegnerin schloss in der Duplik vom 28. Februar 2019 unter Beilage der vertrauensärztlichen Stellungnahme von Dr. A.___ vom 20. Februar 2019 (Urk. 21/30) weiterhin auf Abweisung der Beschwerde (Urk. 20 S. 2). Dazu nahm die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 26. März 2019 Stellung (Urk. 24) und reichte die Berichte des Kantonsspitals B.___ vom 20. August 2018 sowie vom 5. November 2018 ein (Urk. 25/2-3). Hierzu äusserte sich die Beschwerdegegnerin mit Eingabe vom 10. Mai 2019 (Urk. 28). Mit Eingabe vom 22. Mai 2019 (Urk. 30) nahm die Beschwerdeführerin dazu Stellung und reichte einen weiteren Bericht des Kantonsspitals B.___ ein (Urk. 31/3). Hierzu nahm die Beschwerdegegnerin mit Eingabe vom 5. Juni 2019 Stellung (Urk. 34). Mit Eingabe vom 30. Juli 2019 (Urk. 36) gab die Beschwerdeführerin den Bericht des Z.___ vom 24. Juli 2019 (Urk. 37) zu den Akten. Dazu äusserte sich die Beschwerdegegnerin mit Eingabe vom 4. September 2019 (Urk. 41) unter Beilage der vertrauensärztlichen Stellungnahme von Dr. A.___ vom 14. August 2019 (Urk. 42). Mit Eingabe vom 23. September 2019 verzichtete die Beschwerdeführerin auf eine Stellungnahme (Urk. 45), was der Beschwerdegegnerin am 24. September 2019 zur Kenntnis gebracht wurde (Urk. 46). Mit Eingabe vom 23. Dezember 2019 (Urk. 48) reichte die Beschwerdeführerin eine Publireportage zum Thema SMA und Spinraza® vom Dezember 2019 und zwei Publikationen zu Studien M. C. Walter et al. sowie B. T. Darras et al. ein (Urk. 49/1-3). Am 29. Januar 2020 nahm die Beschwerdegegnerin dazu unter Beilage der vertrauensärztlichen Beurteilung von Dr. C.___, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, vom 29. Januar 2020 Stellung (Urk. 53-54), wozu die Beschwerdeführerin sich mit Eingabe vom 18. Februar 2020 (Urk. 56) unter Beilage einer E-Mail von Prof. MD D.___ vom 13. Februar 2020 (Urk. 57/1) äusserte. Davon wurde der Beschwerdegegnerin am 9. März 2020 Kenntnis gegeben (Urk. 58).



Das Gericht zieht in Erwägung:

1.    

1.1    Die obligatorische Krankenpflegeversicherung hat zum Ziel, eine zeitgemässe und umfassende medizinische Grundversorgung zu möglichst günstigen Kosten sicherzustellen. Dementsprechend übernimmt sie nicht sämtliche Behandlungsmassnahmen, die aus medizinischer Sicht möglich wären. Vielmehr enthält das geltende Recht vielfach Regelungen, welche den finanziellen Aufwand für das Gesundheitswesen begrenzen oder bestimmte Behandlungsmassnahmen, welche medizinisch möglich wären, von der Vergütung durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung ausschliessen (Art. 25 ff. und 54 ff. des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung, KVG; BGE 136 V 395 E. 7.5 mit Hinweisen).

1.2    Art. 24 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) verpflichtet die Krankenkassen, aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung die Kosten für die in Art. 25-31 KVG aufgelisteten Leistungen nach Massgabe der in Art. 32-34 KVG festgelegten Voraussetzungen zu übernehmen. Zum Leistungsbereich gemäss Art. 25-31 KVG gehört die Übernahme der Kosten für die Leistungen, die der Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen (Art. 25 Abs. 1 KVG). Dazu zählen nach Art. 25 Abs. 2 KVG unter anderem die ärztlich verordneten Analysen, Arzneimittel und der Untersuchung oder Behandlung dienenden Mittel und Gegenstände (lit. b).

    Diese Leistungen umfassen auch die ärztlich verordneten Arzneimittel der Spezialitätenliste (SL; Art. 25 Abs. 1 und 2 lit. b sowie Art. 52 Abs. 1 lit. b KVG). Voraussetzung für eine Kostenübernahme im Einzelfall ist neben der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung (Art. 32 Abs. 1 KVG), dass der Einsatz des Medikaments im Rahmen der von der Heilmittelbehörde (Swissmedic) genehmigten medizinischen Indikationen und Dosierungen (BGE 131 V 349) sowie gemäss den Limitierungen nach Art. 73 der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV; zu deren Bedeutung: BGE 130 V 532 E. 3.1) erfolgt (BGE 136 V 395 E. 5.1, 142 V 325 E. 2.1 mit Hinweisen).

1.3    

1.3.1    Die Vergütungspflicht erstreckt sich nach Art. 52 Abs. 1 lit. b KVG grundsätzlich nur auf Arzneimittel, die in der SL aufgeführt sind. Die SL zählt die pharmazeutischen Spezialitäten und konfektionierten Arzneimittel im Sinne einer Positivliste abschliessend auf. Aufgenommen werden nur Spezialitäten, für welche die Pharmahersteller oder Importeure einen Antrag stellen (BGE 139 V 375 E. 4.2 mit Hinweisen; BGE 142 V 325 E. 2.2). Ein Arzneimittel kann unter den in Art. 65 KVV statuierten Voraussetzungen in die SL aufgenommen werden (BGE 144 V 333 E. 3.3).

    Kassenpflichtig sind pharmazeutische Spezialitäten des Weiteren lediglich im Rahmen von Indikationen und Anwendungsvorschriften, die bei Swissmedic registriert sind (BGE 130 V 532 E. 5.2). Die Anwendung eines Arzneimittels ausserhalb der registrierten Indikationen und Anwendungsvorschriften macht dieses zu einem solchen «ausserhalb der Liste» bzw. zu einem «Off-Label-Use» und damit grundsätzlich zur Nichtpflichtleistung (BGE 139 V 375 E. 4.3, 136 V 395 E. 5.1, 130 V 532 E. 3.2.2 und E. 3.4; BGE 142 V 325 E. 2.3).

1.3.2    Nach der Rechtsprechung sind ausnahmsweise auch die Kosten von nicht in der SL aufgeführten Arzneimitteln und von Arzneimitteln der SL ausserhalb der registrierten Indikationen und Anwendungsvorschriften zu übernehmen. Voraussetzung ist, dass ein sogenannter Behandlungskomplex vorliegt oder dass für eine Krankheit, die für die versicherte Person tödlich verlaufen oder schwere und chronische gesundheitliche Probleme nach sich ziehen kann, wegen fehlender therapeutischer Alternativen keine andere wirksame Behandlungsmethode verfügbar ist; diesfalls muss das Arzneimittel einen hohen therapeutischen (kurativen oder palliativen) Nutzen haben (BGE 139 V 375 E. 4.4, 136 V 395 E. 5.2; BGE 142 V 325 E. 2.3.1).

1.4    

1.4.1    Seit 1. März 2011 (mit auf 1. März 2017 erfolgten, nachfolgend zitierten Anpassungen) sind die Ausnahmetatbestände in Anlehnung an die Rechtsprechung positivrechtlich in Art. 71a ff. KVV normiert.

    Nach Art. 71b Abs. 1 KVV übernimmt die obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten eines vom Institut zugelassenen verwendungsfertigen Arzneimittels, das nicht in die SL aufgenommen ist, für eine Anwendung innerhalb oder ausserhalb der Fachinformation, wenn die Voraussetzungen nach Art. 71a Abs. 1 lit. a oder b KVV erfüllt sind (BGE 144 V 333 E. 3.3.1).

    Gemäss Art. 71a Abs. 1 KVV übernimmt die obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten eines in die SL aufgenommenen Arzneimittels für eine Anwendung ausserhalb der vom Institut genehmigten Fachinformation oder ausserhalb der in der SL festgelegten Limitierung, wenn der Einsatz des Arzneimittels eine unerlässliche Voraussetzung für die Durchführung einer anderen von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommenen Leistung bildet und diese eindeutig im Vordergrund steht (sog. Behandlungskomplex; lit. a) oder wenn vom Einsatz des Arzneimittels ein grosser therapeutischer Nutzen gegen eine Krankheit erwartet wird, die für die versicherte Person tödlich verlaufen oder schwere und chronische gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen kann, und wegen fehlender therapeutischer Alternativen keine wirksame und zugelassene Behandlungsmethode verfügbar ist (lit. b; BGE 144 V 333 E. 3.3.2).

    Mit der - hier nicht weiter interessierenden - Übernahme der Kosten eines vom Institut nicht zugelassenen importierten Arzneimittels befasst sich Art. 71c KVV (BGE 144 V 333 E. 3.3.3).

1.4.2    Im Rahmen der in Art. 71a ff. KVV geregelten Vergütung im Einzelfall wird somit danach unterschieden, ob ein Arzneimittel in der Schweiz zugelassen ist (Art. 71a und 71b KVV) oder nicht und entsprechend auch nicht vertrieben wird (Art. 71c KVV). Im ersten Fall (in der Schweiz zugelassenes Arzneimittel) wird weiter danach differenziert, ob das Arzneimittel in der SL gelistet ist (Art. 71a KVV) oder nicht (Art. 71b KVV). Für alle drei Konstellationen gilt, dass die obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten des Arzneimittels nur auf besondere Gutsprache des Versicherers nach vorgängiger vertrauensärztlicher Konsultation übernimmt (Art. 71d Abs. 1 KVV; BGE 144 V 333 E. 3.3.4).

1.5    Die Frage, ob ein für die Kostenübernahme vorausgesetzter hoher therapeutischer Nutzen vorliegt, ist sowohl in allgemeiner Weise als auch bezogen auf den konkreten Einzelfall zu beurteilen. Ob ein therapeutischer Nutzen vorliegt, ist eine Tatfrage. Ob ein bestimmter Nutzen als «gross» im Sinne der Rechtslage zu bezeichnen ist, stellt hingegen eine Rechtsfrage dar (BGE 144 V 333 E. 11.1.3 mit Hinweisen).

    Der Nachweis der allgemeinen Eignung, den angestrebten therapeutischen Nutzen zu erzielen, muss nach wissenschaftlichen Methoden erbracht werden. Der entsprechende Nachweis ist mittels publizierter klinischer Studien, die mindestens in Form von Zwischenergebnissen einen entsprechenden Schluss zulassen, oder mittels anderweitiger veröffentlichter wissenschaftlicher Erkenntnisse zu erbringen (BGE 144 V 333 E. 11.1.3 mit Hinweis auf BGE 142 V 325 E. 4.4.1 und 136 V 395 E. 6.5; vgl. auch BGE 142 V 325 E. 2.3.2.2).

    Liegen keine derartigen klinischen Studien beziehungsweise anderweitigen wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, die eine therapeutische Wirksamkeit nachweisen, so kann eine solche nicht bejaht werden mit dem blossen Hinweis darauf, dass im Einzelfall eine Wirkung eingetreten sei. Dies würde auf die blosse Formel «post hoc ergo propter hoc» hinauslaufen, was nicht angeht; denn eine Besserung kann auch spontan beziehungsweise aus anderen Gründen eintreten (BGE 136 V 395 E. 6.5, 130 V 299 E. 5.2).


2.

2.1    Die Beschwerdegegnerin führte im angefochtenen Einspracheentscheid aus (Urk. 2 S. 3 ff.), sie sei nicht leistungspflichtig für die Behandlung der Beschwerdeführerin mit dem Medikament Spinraza®, auch wenn die Beschwerdeführerin mit SMA Typ II an einer sogenannten orphan (rare) disease leide. Denn dieses Medikament sei nicht in die Spezialitätenliste aufgenommen, es handle sich unstrittig nicht um einen Behandlungskomplex im Sinne von Art. 71a Abs. 1 lit. a KVV und auch die Voraussetzung eines zu erwartenden grossen therapeutischen Nutzens im Sinne von Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV (in Verbindung mit Art. 71b KVV) sei zu verneinen. Hierzu könne auf die schlüssige und nachvollziehbare Einschätzung des Vertrauensarztes Dr. A.___ verwiesen werden. Im Gegensatz zu anderen «Orphan-drugs» würden bezüglich der Wirksamkeit von Spinraza® zwei Phase-III-Studien vorliegen, die ohne Einschränkung eine versicherungsmedizinische respektive vertrauensärztliche Nutzenevaluation zulassen würden. Zur Beurteilung (des therapeutischen Nutzens) sei auf die Ergebnisse der CHERISH-Studie abzustellen, wie sie im The New England Journal of Medicine (NEJM) publiziert worden seien. Denn die andere (Phase-III-)Studie, die ENDEAR-Studie, habe die Wirksamkeit bei Kindern mit SMA Typ I bei Krankheitsbeginn bis und mit 6. Lebensmonat (Infantile-Onset SMA) untersucht, weshalb sie für den vorliegenden Fall nicht einschlägig sein könne. In der CHERISH-Studie seien Kinder im Alter von 2 bis 12 Jahren mit SMA Typ II beziehungsweise Typ III mit Krankheitsbeginn nach dem 6. Lebensmonat (Later-Onset-SMA) untersucht worden. Aus der Figur 2 der CHERISH-Studie sei ersichtlich, dass das Erreichen einer klinisch relevanten Veränderung des HFMSE-Score (Hammersmith Functional Motor Scale Expanded-Score) vom Alter des Erkrankten und von der Erkrankungsdauer abhängig sei. Bei Erwachsenen sei gemäss den Studien-Ergebnissen die Wirksamkeit der Behandlung mit Spinraza® nicht anzunehmen. Dem Studiendesign sei zu entnehmen, dass die Veränderung des HFMSE-Score unter der Behandlung von Spinraza® als einziger primärer Endpunkt der Studie und damit der klinischen Wirksamkeit hinsichtlich der motorischen Verbesserung festgelegt worden sei. Wie der Vertrauensarzt in der Beurteilung vom 22. August 2018 (Urk. 12/24) ausgeführt habe, betrage die Differenz im HFMSE-Score in der CHERISH-Studie 4.9 Punkte (Spinraza® 3.9 Punkte, Kontrollgruppe [Scheinbehandlung] minus 1.0 Punkte). Bei einem HFMSE-Gesamtscore von 66 Punkten würden 4.9 Punkte einer Verbesserung von 7.4 % entsprechen. Die in der CHERISH-Studie resultierte Ansprechsrate von 31 % (57 % Spinraza® minus 26 % Kontroll- respektive Scheinbehandlung) könne nicht zur Nutzenbewertung herangezogen werden, sie gebe keinen Hinweis auf das Ausmass der klinischen Wirkung einer Behandlung. Sie sei ausserdem als bescheiden zu werten (Urk. 2 S. 3 ff.).

    Betreffend den Eventualantrag auf einen Therapieversuch sei auszuführen, dass dieses Ergebnis im Studienrating mit dem OLUtool NonOnko - einem von der Schweizerischen Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte [SGV] zur vertrauensärztlichen Beurteilung empfohlenes Bewertungsmodell (vgl. Urk. 29/1; www.vertrauensaerzte.ch/expertcom/71kvv/updmay18/) - einen Punkt und damit eine Nutzenkategorie C ergebe. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin keine Einschlusskriterien, aber sämtliche Ausschlusskriterien gemäss dem Studiendesign erfülle, führe zu einem Downgrading von einem Punkt. Damit würden null Punkte und folglich eine Nutzenkategorie D (kein hoher therapeutischer Nutzen ausgewiesen) resultieren. Auch die Ansprechsrate von 31 % liege im Übrigen nur knapp oberhalb der Grenze von 30 %, bei welcher im OLUtool NonOnko ein Punkteabzug erfolgen müsste (Urk. 2 S. 7).

    Derzeit würden keine mit der CHERISH-Studie vergleichbaren Studien vorliegen, welche die Wirksamkeit von Spinraza® bei der SMA Typ II und III belegen würden. So sei die in der Einsprache erwähnte Phase-I-Studie C.A. Chiriboga et al. im Jahr 2016 publiziert worden und nicht geeignet die CHERISH-Studie, welche eine im Februar 2018 im NEJM publizierte Phase-III-Studie sei, zu ergänzen. Auch die in der Einsprache erwähnte Studie von John Day et al. könne die Ergebnisse der CHERISH-Studie weder korrigieren noch ergänzen. Denn in der John Day-Studie sei vermerkt worden, dass die Wirksamkeit von Spinraza® bei Erwachsenen nicht dokumentiert worden sei. Zudem handle es sich um eine nicht abgeschlossene klinische Studie mit einer kleinen Probandenzahl ohne Vergleichsarm. Die single-center-Studie von Bakri Elsheikh et al. sodann sei nicht publiziert worden und im April 2018 bisher lediglich mündlich präsentiert worden. Beide Studien würden den Nachweis der Wirksamkeit von Spinraza® bei Erwachsenen nicht erbringen. Der Fachinformation des Medikamentes sei zudem zu entnehmen, dass die klinischen Daten der Wirksamkeit und Sicherheit stark dafür sprechen würden, die Therapie mit Nusinersen so schnell wie möglich nach Auftreten der Symptome oder der genetischen Diagnose von SMA zu initiieren; dies basiere vor dem Hintergrund der raschen progressiven Abnahme, die in Longitudinal-Studien beobachtet worden sei und auf den Beobachtungen in den Kontroll-Gruppen der Studien CS3B (ENDEAR-Studie) und CS4 (CHERISH-Studie); zur Langzeitwirksamkeit dieses Arzneimittels würden keine Daten vorliegen (Urk. 2 S. 4 f.).

    Weiter erwog die Beschwerdegegnerin, von einer wie beantragten klinischen Begutachtung in einem dafür qualifizierten Referenzzentrum wären aufgrund der bereits vorliegenden Studienergebnisse keinen neuen, für die Nutzenbewertung relevanten Erkenntnisse zu erwarten. Gemäss den Ausführungen des Vertrauensarztes stehe die Bewertung des zu erwartenden klinischen Nutzens auch nicht im Widerspruch zu dem IV-Rundschreiben Nr. 373 (Urk. 12/16), in welchem die Voraussetzungen für die Kostenübernahme einer Behandlung von Kindern mit Spinraza® festgehalten würden. Denn bei der Behandlung Erwachsener könne dieser hohe Nutzen der Behandlung nicht angenommen werden, da diesbezüglich keine wissenschaftliche Evidenz existiere. Somit sei auch aufgrund der Umstände des konkreten Einzelfalles nicht nachgewiesen, dass der «Off-Label-Use» einen hohen therapeutischen Nutzen verspreche beziehungsweise besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen würden. Damit seien die rechtsprechungsgemäss erhöhten Anforderungen an die Wirksamkeit und die Zweckmässigkeit beim «Off-Label-Use» nicht erfüllt. Schliesslich könne auch den Ausführungen der Beschwerdeführerin in der Einsprache zu den Grundrechtsverletzungen (Urk. 12/21 S. 7) nicht gefolgt werden. Die Ungleichbehandlung von Krebspatienten und SMA-Patienten sei eine unbewiesene Behauptung. Die Voraussetzungen für die Prüfung des hier nicht ausgewiesenen hohen therapeutischen Nutzens würden für alle Medikamente gleichermassen gelten. Diesbezüglich werde auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung gemäss BGE 136 V 395 zum Arzneimittel Myozyme® verwiesen (Urk. 2 S. 8).

2.2    Die Beschwerdeführerin bringt dagegen vor, bis zum sechsten Lebensmonat habe sich bei ihr eine normale motorische Entwicklung gezeigt. Ab dem achten Lebensmonat habe sie mit Instabilität noch frei sitzen können. Bei einer zunehmenden Progression ihrer SMA-Erkrankung sei sie seit dem dritten Lebensjahr zur Fortbewegung auf einen Rollstuhl angewiesen. Seit gut einem Jahr werde sie dauerbeatmet. Sie leide nunmehr an einer hochgradigen Tetraparese. Dabei seien die linksseitigen Restfunktionen im Bereich von Daumen und Zeigefinger von herausragender Bedeutung. Sie würden ihr die selbständige Bedienung eines Touch-Pads, eines Computers und des Joysticks ihres Elektrostuhls erlauben und die Kommunikation sowie die Erfüllung einer 50%igen Erwerbstätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Linguistik an der Universität E.___ ermöglichen. Daher hätte eine weitere Verschlechterung dieser Restfunktionen einschneidende Folgen auf die Alltagsfunktionen und ihre Arbeitsfähigkeit. Seit dem 20. September 2017 sei das Medikament Spinraza® mit dem Wirkstoff Nusinersen in der Schweiz zugelassen, jedoch bis heute noch nicht in die Spezialitätenliste aufgenommen worden. Spinraza® sei am 11. April 2018 vom Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV; im IV-Rundschreiben Nr. 373, Urk. 12/16) bei 5q-assoziierter SMA, wie sie bei ihr, der Beschwerdeführerin vorliege, als wirksam und das Ausmass an Zusatznutzen bei SMA-Typ I als erheblich, bei SMA-Typ II als beträchtlich sowie bei SMA-Typ III gemäss aktuellem Kenntnisstand als ausreichend bezeichnet worden. Ausserdem sei die Wirksamkeit in zwei grossen Phase-III-Studien belegt worden. In ihrem Fall sei die CHERISH-Studie massgebend (Urk. 1 S. 4 ff.).

    In rechtlicher Hinsicht bestehe Einigkeit darin, dass kein Behandlungskomplex im Sinne von Art. 71a Abs. 1 lit. a KVV vorliege und dass die Kriterien einer schweren und chronischen gesundheitlichen Beeinträchtigung sowie einer fehlenden therapeutischen Alternative nach Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV erfüllt seien. Bestritten werde indes, dass vom Einsatz des Medikamentes Spinraza® kein grosser therapeutischer Nutzen erwartet werden könne. Auf die vertrauensärztliche fachfremde Beurteilung von Dr. A.___ dazu könne nicht abgestellt werden, da er als Allgemeinpraktiker nicht über die gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung notwendige fachliche Qualifikation für eine spezialärztliche Expertise verfüge. Denn die SMA stelle eine in die Disziplin der Neurologie fallende Krankheit dar. Dagegen handle es sich bei Prof. Dr. Y.___ als Leitender Arzt des neuromuskulären Zentrums der Klinik für Neurologie des Z.___ um einen anerkannten Spezialisten auf dem Gebiet der Behandlung von spinaler Muskelatrophie mit respiratorischer Insuffizienz Typ II. In Übereinstimmung mit Prof. Dr. Y.___ halte sie, die Beschwerdeführerin, daran fest, dass gemäss der CHERISH-Studie deutlich mehr mit Spinraza® behandelte Patienten zumindest eine Stabilisierung der Krankheitsprogression aufweisen würden und somit eine höhere Wirksamkeit bei dieser chronisch-progredienten Erkrankung angenommen werden könne. Richtigerweise sei von einem klinischen Effekt von 30 % auszugehen. Diesbezüglich sei vollumfänglich auf die Stellungnahme von Prof. Dr. Y.___ vom 25. Juni 2018 (Urk. 12/22) zu verweisen. Gemäss der Beurteilung von Prof. Dr. Y.___ habe der HFMSE-Score bei der Nusinersen-Gruppe um 4.0 Punkte zugenommen. In der Placebo-Gruppe habe der Score dagegen um 1.9 Punkte abgenommen. Eine Verbesserung des HFMSE-Scores von 3 Punkte habe sich in 57 % der mit dem Wirkstoff Nusinersen behandelten Patienten gegenüber 26 % der Placebo-Gruppe gefunden. Damit hätten laut Prof. Dr. Y.___ mehr als 30 % der Patienten in der Nusinersen-Gruppe das Behandlungsziel erreicht. Diese Ergebnisse der CHERISH-Studie seien Beweis genug für den hohen therapeutischen Nutzen im Sinne von Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV. Dass einzig der HFMSE-Score und seine Veränderung unter Behandlung von Spinraza® als harter klinischer, primärer Endpunkt angenommen werden könne, werde bestritten. Ausserdem widerspreche die Aussage des Vertrauensarztes in der Stellungnahme vom 17. April 2018 (Urk. 12/19 S. 4), dass bei Krankheitsdauer von über fünf Jahren kein relevanter therapeutischer Nutzen mehr zu erwarten sei, den Resultaten der CHERISH-Studie. Die Beschwerdegegnerin irre, wenn sie diesbezüglich glaube, aufgrund einer in der CHERISH-Studie eingefügten Grafik (Figur 2 auf S. 632 der Studie; Urk. 12/17) darauf schliessen zu können, dass Spinraza® einzig bei der Behandlung von Kindern wirksam sei und ein zu erwartender therapeutischer Nutzen negativ mit dem Alter des Kindes sowie der Erkrankungsdauer korreliere. Denn eine solche Aussage könne an keiner Stelle entnommen werden. Der Umstand, dass der Vertrauensarzt aktenwidrig argumentiere, belege, dass es ihm an der notwendigen Objektivität und Unabhängigkeit mangle. Es könne auch deshalb nicht auf seine Beurteilung abgestellt werden. Weiter werde bestritten, dass sie und Prof. Dr. Y.___ auf Grundlage der Interimsanalyse und damit auf einer veralteten Datenlage argumentieren würden. Die Resultate der Interimsanalyse würden sich zudem nicht wesentlich von den endgültigen Daten der CHERISH-Studie unterscheiden.

    Wenn ausserdem nach BGE 136 V 395 (E. 6.5) in Bezug auf die befristete Bewilligung nicht zugelassener Arzneimittel im Sinne von Art. 9 Abs. 4 des Bundesgesetzes über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG) der grosse therapeutische Nutzen anhand von Zwischenergebnissen klinischer Studien erbracht werden könne und im Hinblick auf «Orphan drugs» an den Nachweis der generellen Wirksamkeit weniger strenge Anforderungen gestellt würden, müsse der hohe therapeutische Nutzen in ihrem Fall sicherlich auch durch andere, als ausschliesslich abgeschlossene Phase-III-Studien erbracht werden können. Dies gelte auch deshalb, da für Erwachsene keine Phase-III-Studien mehr durchgeführt würden, nachdem das Medikament in den meisten westlichen Ländern zugelassen worden sei und weil es schlicht zu wenige erwachsene Patienten gebe, sowie weil für eine Phase-III-Studie eine Probandengruppe mit einem Placebo zu behandeln wäre, was bei einem zugelassenen Medikament ethisch nicht verantwortbar sei. Ferner liege kein «Off-Label-Use» vor, wie dies im BGE 136 V 395 betreffend das Medikament Myozyme® bei der Krankheit Morbus Pompe der Fall gewesen sei, und daher seien die im Zusammenhang mit einem «Off-Label-Use» gemachten rechtlichen Ausführungen von vorneherein unbeachtlich.

    Die Wirksamkeit des Wirkstoffes Nusinersen werde sodann durch die Resultate von weiteren Studien belegt. So würden die Resultate von den folgenden (zwei) Studien vorliegen, in denen Jugendliche bis zum Alter von fünfzehn Jahren behandelt worden seien und die einen mit der CHERISH-Studie vergleichbaren Therapieeffekt zeigen würden: C. A. Chiriboga et al., Results from a phase 1 study of nusinersen (ISIS-SMNRX) in children with spinal muscular atrophy, und BT. Darras et al., Nusinersen in treatment-naive patients with later-onset spinal muscular atrophy (SMA), efficacy results from a phase 1b/2a multicentre study (CS2) and its open-label extension (CS12). Die folgenden (zwei) Studien würden die Anwendung von Spinraza® respektive Nusinersen bei Erwachsenen beschreiben und zeigen, dass auch bei Patienten mit respiratorischer Insuffizienz, Skoliose und Wirbelkörperfusionen die Nusinersen-Therapie gut habe angewendet werden können: John Day et al., Nusinersen Efficency in Adults with Spinal Muscular Atrophy und Bakri Elsheikh et al., Nusinersen treatment for adults with Spinal Muscular Atrophy, a single center experience. Die beschriebenen Verläufe der behandelten Patienten würden praktisch durchgehend eine Stabilisierung oder gar Verbesserung der motorischen Funktionen zeigen, während unter der Annahme eines natürlichen Verlaufes mit einer Abnahme gerechnet werden müsste. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass gemäss Prof. Dr. Y.___ weltweit zunehmend auch erwachsene SMA-Patienten mit Spinraza® behandelt würden. Aufgrund des Wirkungsmechanismus von Nusinersen sei zu erwarten, dass unter der Voraussetzung des Vorhandenseins von mindestens zwei SMN2-Genkopien - wobei bei ihr, der Beschwerdeführerin, die Anzahl SMN2-Genkopien bei drei liege (Urk. 1 S. 5) - eine Verbesserung der SMN1-Funktion erreicht werden könne. Es lägen zwischenzeitlich auch Resultate von erwachsenen Personen im In- und Ausland vor, welche mit dem Medikament behandelt worden seien und bei denen sich eine klare Verbesserung der Befunde gezeigt habe. Damit sei die Behauptung widerlegt, dass die Wirksamkeit der Behandlung bei Erwachsenen nicht dokumentiert sei.

    Der therapeutische Nutzen von Spinraza® im Erwachsenenalter sei ausserdem auch aufgrund der neusten Untersuchungen belegt. So habe in der Studie von Walter et al. «Safety and Treatment Effects of Nusinersen in Longstanding Adult 5q-SMA Typ 3 - A Prospective Observational Study», publiziert im Journal of Neuromuscular Diseases 2019, nachgewiesen werden können, dass der Wirkstoff Nusinersen auch bei Erwachsenen den Krankheitsverlauf stabilisiere und verbessere. Diese Studie habe SMA-Patienten vom Typ III untersucht. Sie, die Beschwerdeführerin, leide unter SMA vom Typ II. Die Langzeitstudie von Darras et al. «Nusinersen in later-onset spinal muscular atrophy», publiziert in Neurology 2019, habe nun aber gezeigt, dass SMA-Patienten vom Typ II nach der Gabe von Nusinsersen im Verlauf mehr Fortschritte gemacht hätten als vom Typ III betroffene Patienten. Die Teilnehmer dieser sogenannten ISIS-Studie seien inzwischen volljährig geworden.

    Des Weiteren hätten sich auch bei ihr, der Beschwerdeführerin, nach Gabe der ersten drei von insgesamt sechs Spinraza®-Injektionen (im ersten Jahr) klinisch Fortschritte in der Verbesserung der Kraftgrade der beiden Hände und der Fingerfunktionen, der Knieflexion der linken unteren Extremität, der Reklination des Kopfes der mimischen Muskulatur gezeigt, womit der grosse therapeutische Nutzen des Medikamentes nachgewiesen sei. Falsch sei des Weiteren die Behauptung der Beschwerdegegnerin, es gehe aus der Fachinformation hervor, dass Spinraza® nicht zur Anwendung bei Erwachsenen vorgesehen sei. Den Einträgen im Compendium könne nichts dergleichen entnommen werden. Es werde dort unter «Dosierung/Anwendung» lediglich darauf hingewiesen, dass Patienten, bei denen - was bei ihr nicht der Fall sei - die Symptome erst im Erwachsenenalter aufgetreten seien, im klinischen Entwicklungsprogramm nicht eingeschlossen worden seien, und dass bei Patienten über 18 Jahren lediglich begrenzt Daten vorliegen würden.

    Zudem habe das BSV im Rundschreiben Nr. 373 den hohen beziehungsweise beträchtlichen therapeutischen Nutzen auch bei Erwachsenen, namentlich bei Personen bis zum vollendeten 20. Lebensjahr, anerkannt, obschon in der CHERISH-Studie, einer Phase-III-Studie, lediglich Kinder bis zwölf Jahre untersucht worden seien. Insofern sei die Behauptung der Beschwerdegegnerin und des Vertrauensarztes, bei Erwachsenen sei der hohe therapeutische Nutzen nicht nachgewiesen, offensichtlich aktenwidrig. Die Beschwerdegegnerin habe denn auch nicht dargelegt, weshalb der hohe therapeutische Nutzen bei einem zwanzigjährigen Patienten noch gegeben sein solle, bei der dreissig Jahre alten Beschwerdeführerin jedoch nicht mehr. Verletzungen der Grundrechte gemäss Art. 2, 3, 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), teilweise in Verbindung mit Art. 14 EMRK sowie Art. 35 der Bundesverfassung (BV), seien durch die sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von SMA- und Krebspatienten in der Schweiz begründet, indem im onkologischen Bereich zugelassene, aber nicht auf der Spezialitätenliste figurierende Medikamente mit wesentlich geringerem klinischen Effekt nachgewiesenermassen weit mehr über die obligatorische Krankenpflegeversicherung finanziert würden als das Heilmittel Spinraza®. Dazu sei auf die Tatsache verwiesen, dass im Jahr 2017 in der Schweiz 224 Medikamente über einen oder mehrere Orphan-Drug-Status verfügt hätten (Quelle: Swissmedic, 2018) und mit Abstand am meisten Orphan-Drugs in der Behandlung von Krebsleiden verschrieben worden seien (Quelle: Medicines in Developement of Rare Diseases, PhrRMA, 2016). Eine Diskriminierung ihrerseits bestehe auch darin, dass zehn Jahre jüngere SMA-Patienten Spinraza® über die Invalidenversicherung finanziert erhielten, obschon für diese die Datenlage genau gleich sei wie für sie, die Beschwerdeführerin. Dafür gebe es keine sachlich gerechtfertigten Gründe, womit der in der EMRK und der BV garantierte Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt sei. Die Verweigerung der Kostenübernahme verletze ausserdem Art. 3 und 8 EMRK, da es einer unmenschlichen Behandlung entspreche, einen Menschen dem Siechtum zu überlassen, und da eine integrale Verpflichtung, menschliches Leben zu schützen, betroffen sei. Ohne Behandlung drohe ihr, die Restmobilität und die Möglichkeit, mit der Aussenwelt zu kommunizieren, zu verlieren sowie der Tod.

    Schliesslich habe sie angesichts der Ergebnisse der CHERISH-Studie und gestützt auf die Stellungnahme von Prof. Dr. Y.___ vom 25. Juni 2018 zumindest Anspruch auf die Durchführung eines Therapieversuchs, da bei Anwendung des OLUtool NonOnko ein Studienrating von C resultieren müsste. Ein Therapieversuch werde zwischen dem Hersteller und dem Krankenversicherer abgemacht, weshalb die Zustimmung der Beschwerdegegnerin für einen solchen zwingend sei. Die Weigerungshaltung sei weder aus rechtlicher noch aus ethischer Sicht nachvollziehbar (Urk. 1 S. 6 ff., Urk. 15 S. ff., Urk. 24 S. 4 ff., Urk. 30 S. 3 f., Urk. 36 S. 1, Urk. 48 S. 2).

2.3    

2.3.1    Fest steht, dass die Beschwerdeführerin an einer spinalen Muskelatrophie (SMA) Typ II (Erstmanifestation im 8. Lebensmonat) bei Deletion des SMN1-Gens (survival motor neuron 1) und einer Dosis des SMN2-Gens von 3 Kopien, klinisch mit Tetraplegie (Paraparese der Arme, Paraplegie der Beine, linksbetonte Restmotilität vor allem der Daumen und Zeigefinger), schwerer Skoliose, Dauerbeatmung, Ernährungssonde und eingeschränkter Gesichtsmimik leidet (Urk. 12/1, Urk. 37). Unstrittig handelt es sich bei dieser Krankheit um eine «Orphan Disease», mithin um eine seltene Krankheit, die lebensbedrohlich ist oder bei Nichtbehandlung eine chronische Invalidität oder ein schweres chronisches Leiden hervorruft und nicht mehr als 5 von 10'000 Personen betrifft (vgl. zum Begriff: BGE 139 V 375 E. 4.4 mit Hinweisen).

    Fest steht auch, dass das Arzneimittel Spinraza® (Wirkstoff Nusinersen, Injektionslösung, Vertrieb durch Biogen Switzerland AG [Urk. 12/12]), am 20. September 2017 von der schweizerischen Heilmittelbehörde Swissmedic zur Behandlung von 5q-assoziierten SMA in der Schweiz zugelassen wurde (www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/humanarzneimittel/authorisations/new-medicines.html ). Das Arzneimittel Spinraza® wurde bisher vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) noch nicht in die Spezialitätenliste (SL; Art. 52 Abs. 1 lit. b KVG) aufgenommen (www.spezialitätenliste.ch, aufgerufen am 9. März 2020; Urk. 12/19 S. 3).

2.3.2    Die Beurteilung der vorliegenden Streitfrage, ob die Beschwerdegegnerin zur Übernahme der Kosten für die Behandlung der Beschwerdeführerin mit dem Arzneimittel Spinraza® (Wirkstoff Nusinersen) verpflichtet ist, ist bei dieser Ausgangslage in Anwendung von Art. 71b KVV in Verbindung mit Art. 71a Abs. 1 lit. a und lit. b KVV vorzunehmen.

    Dabei kann das Vorliegen eines Behandlungskomplexes im Sinne von Art. 71a Abs. 1 lit. a KVV (BGE 142 V 325 E. 2.3.2.1, 130 V 532 E. 6.1) ohne Weiteres ausgeschlossen werden. Denn dafür, dass der Einsatz von Spinraza® eine unerlässliche Voraussetzung für die Durchführung einer anderen von der Beschwerdegegnerin übernommenen Leistung bildet, welche überdies eindeutig im Vordergrund steht, gibt es keine Hinweise. Dies wurde von der Beschwerdeführerin denn auch nicht behauptet (Urk. 1 S. 6).

    Damit besteht - vorbehältlich der Bestimmungen nach Art. 71b Abs. 2 KVV und Art. 71d KVV, namentlich der Prüfung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses im Einzelfall (vgl. dazu BGE 139 V 375 E. 7.3; Eugster, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum KVG, 2. Auflage 2018, Art. 25 Rz 47 f.) - eine Kostenvergütungspflicht der Beschwerdegegnerin nur dann, sofern die Voraussetzungen von Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV erfüllt sind. Diesbezüglich ist unstrittig, dass die SMA der Beschwerdeführerin im Sinne dieser Bestimmung schwere und chronische gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich zieht und tödlich verlaufen kann. Ebenfalls unstrittig ist, dass keine andere wirksame und zugelassene Behandlungsmethode der SMA im Sinne einer therapeutischen Alternative verfügbar ist (Urk. 1 S. 6, Urk. 2 S. 3, Urk. 12/2 S. 2, Urk. 12/19 S. 6).

2.3.3    Strittig ist und zu prüfen bleibt, ob vom Einsatz von Spinraza® respektive dem Wirkstoff Nusinersen ein grosser therapeutischer (kurativer oder palliativer) Nutzen gegen eine SMA-Erkrankung Typ II, wie sie bei der Beschwerdeführerin vorliegt, zu erwarten ist.


3.

3.1    Hinsichtlich der Anforderungen an den Nachweis der strittigen Voraussetzung eines grossen therapeutischen Nutzens im Sinne von Art. 71a Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 71b Abs. KVV respektive an die Wirksamkeit des Medikamentes Spinraza® verweist die Beschwerdegegnerin aufgrund der vorliegend relevanten Behandlung von Erwachsenen auf die Rechtsprechung zum Off-Label-Use, wobei die damit geltenden erhöhten Anforderungen nicht erfüllt seien (Urk. 2 S. 2 und S. 8, Urk. 11 S. 9 ff.). Dagegen bestreitet die Beschwerdeführerin, dass ein solcher Off-Label-Use vorliegt und die dazugehörige Rechtsprechung massgeblich ist; vielmehr seien mit Blick auf die Voraussetzungen für (heilmittelrechtliche) befristete Bewilligungen nicht zugelassener Arzneimittel und auf die Rechtsprechung zu «Orphan Drugs» an den Nachweis der generellen Wirksamkeit weniger strenge Anforderungen zu stellen (Urk. 1 S. 8 f., Urk. 15 S. 7, Urk. 24 S. 9).

3.2    Diesbezüglich gilt es vorab klarzustellen, dass keine spezifischen Vergütungskriterien bestehen für Arzneimittel, welche zur Behandlung seltener Krankheiten («Orphan Diseases») wie der SMA eingesetzt werden. Vielmehr werden Arzneimittel gegen seltene Krankheiten («Orphan Drugs» oder «Orphan Medicinal Products»; vgl. zum Begriff auch BGE 139 V 375 E. 4.4) im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (insbesondere auch im Rahmen der Art. 71a ff. KVV) gleich beurteilt wie die übrigen Arzneimittel. Sie stellen indes einen wichtigen Anwendungsbereich für Ausnahmen von der Listenpflicht dar. Eine Sonderbehandlung erfahren sie im Rahmen der heilmittelrechtlichen Zulassung, indem für sie - da eine umfassende Prüfung nicht verhältnismässig wäre - ein vereinfachtes Zulassungsverfahren gilt (Art. 14 Abs. 1 lit. f HMG und Art. 4 Abs. 1 lit. a der Verordnung des Schweizerischen Heilmittelinstituts vom 22. Juni 2006 über die vereinfachte Zulassung von Arzneimitteln und die Zulassung von Arzneimitteln im Meldeverfahren, VAZV, in der bis Ende 2018 gültig gewesenen Fassung; BGE 144 V 333 E. 9.2 mit Hinweisen).

    Auch der Hinweis auf die Off-Label-Use-Rechtsprechung (BGE 136 V 395, 130 V 299) führt zu keinen besonderen Anforderungen im Rahmen von Art. 71a und 71b KVV. Mit der Einführung der Bestimmungen der Art. 71a und 71b KVV auf den 1. März 2011 wurde im Interesse der Rechtssicherheit und zur Vermeidung unnötiger Gerichtsverfahren neu verbindlich festgelegt, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen bei ambulanten Behandlungen die Vergütungspflicht der obligatorischen Krankenpflegeversicherung für Arzneimittel über den in der SL festgelegten Umfang hinausgehen kann. Dabei ging es insbesondere darum, die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum Off-Label-Use (BGE 131 V 349, 130 V 532; vgl. auch BGE 139 V 375, 136 V 395) auf Verordnungsstufe zu verankern. Der Bundesrat ging in seiner Regelung über dieses (primäre) Ziel hinaus, indem er sich nicht nur mit der Einführung der Bestimmung des Art. 71a KVV begnügte, sondern ausserdem mit der Schaffung von Art. 71b KVV auch die einzelfallweise Vergütung von Arzneimitteln, welche nicht in der SL gelistet sind, normierte (BGE 144 V 333 E. 10.3).

3.3    Da in dieser Bestimmung auf die Voraussetzungen in Art. 71a Abs. 1 lit. a und lit. b KVV verwiesen wird, gelten für die ausnahmsweise Kostenübernahme eines nicht in die Spezialitätenliste aufgenommenen Arzneimittels dieselben Ausnahmetatbestände, wie sie von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum Off-Label-Use von SL-Medikamenten entwickelt worden waren (BGE 131 V 349, 130 V 532 E. 6.1) und nunmehr in Art. 71a KVV verankert sind. Daher ist die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Off-Label-Use-Arzneimittel respektive ab März 2011 zu Art. 71a Abs. 1 KVV und insbesondere zur Anforderung des hohen therapeutischen Nutzens auch im hier nach Art. 71b KVV zu beurteilenden Fall beachtlich. Es gilt das in BGE 136 V 395 E. 5.2 und E. 6.5 sowie in BGE 142 V 325 E. 2.3.2.2 und E. 4.1 Ausgeführte (vgl. E. 1.5 hiervor und BGE 144 V 333 E. 11.1.3).


4.

4.1    Der Nachweis der allgemeinen Eignung von Spinraza® (Nusinersen), den angestrebten therapeutischen Nutzen zu erzielen, muss nach wissenschaftlichen Methoden erbracht werden. Diesbezüglich ist zu Recht unstrittig, dass bisher zwei durchgeführte und publizierte Phase-III-Studien vorliegen (Urk. 12/19 S. 1, Urk. 12/22 S. 2), von denen die Ergebnisse der ENDEAR-Studie (R.S. Finkel et al., Nusinersen versus Sham Control in Infantile-Onset Spinal Muscular Atrophy; Urk. 12/11) für den vorliegenden Sachverhalt nicht einschlägig sind. Denn es handelt sich dabei um eine Studie zur Wirksamkeit von Nusinersen an Kindern mit SMA vom Typ I (akute infantile SMA mit Krankheitsbeginn bis und mit 6. Lebensmonat; Urk. 12/16 S. 1, Urk. 12/19 S. 2 f.), während die Beschwerdeführerin an SMA vom Typ II leidet (chronische infantile oder intermediäre SMA mit Krankheitsbeginn vom 7. bis 18. Lebensmonat; Urk. 12/16 S. 1, Urk. 12/19 S. 2 ff., Urk. 12/22 S. 1 f.).

    Dagegen verweisen beide Parteien, wenn auch mit je unterschiedlichen Schlussfolgerungen, auf die Ergebnisse der CHERISH-Studie (E. Mercuri et al., Nusinersen versus Sham Control in Later-Onset Spinal Muscular Atrophy). Die (Schluss-)Ergebnisse dieser Studie wurden im The NEW ENGLAND JOURNAL of MEDICINE (NEJM) am 15. Februar 2018 publiziert (Urk. 12/17).

4.2

4.2.1    Bezüglich der CHERISH-Studie führte der Vertrauensarzt Dr. A.___ in der Stellungnahme vom 17. April 2018 aus, als primärer Endpunkt der Studie sei die Änderung der motorischen Funktion im Vergleich mit der Baseline bis zum 15. Behandlungsmonat im HFMSE (Hammersmith Functional Motor Scale Expanded) definiert worden. Anhand der HFMSE würden 33 motorische Aufgaben bewertet, wobei jede Aufgabe 0 bis 2 Punkte erhalte. Der Gesamtscore (Gesamtpunktestand) reiche von 0 (keine Aktivitäten können ausgeführt werden) bis 66 (alle Aktivitäten können ausgeführt werden). Eine Veränderung der HFMSE-Score von mindestens 3 Punkten werde als klinisch relevant betrachtet. Es seien darin Kinder im Alter zwischen 2 und 12 Jahren eingeschlossen worden, die von einer Later-Onset SMA (Typ II und III) betroffen gewesen seien. Kinder mit einer respiratorischen Insuffizienz (invasive oder nicht-invasive Beatmung), Sondenernährung, schweren Kontrakturen oder schwerer Skoliose seien von der Studienteilnahme ausgeschlossen worden. Prinzipiell seien Patienten mit bereits weit fortgeschrittener SMA von der Studienteilnahme ausgeschlossen worden. Dies werde von den Einschluss- und Ausschlusskriterien sowie insbesondere auch durch die Einschränkung auf das Alter der Probanden von 2 bis 12 Jahre reflektiert. Das mediane Alter der Studienteilnehmer habe 4 Jahre betragen (Tabelle 1, Urk. 12/17 S. 629). Mit den Einschluss- und Ausschlusskriterien sei gewährleistet worden, dass nur junge Erkrankte mit kurzer Erkrankungsdauer und damit dem grössten Behandlungspotenzial in die Studie eingeschlossen worden seien. Es sei denn auch verschiedentlich die Empfehlung zur Anwendung der Behandlung (mit Nusinersen) für Kinder, welche den Kriterien der Studie entsprechen würden, zu finden, so auf der Online-Datenbank UpToDate und im Medical Clinical Policy Bulletin von Aetna, einem der grössten amerikanischen Krankenversicherer. Auch Swissmedic habe auf die Altersbeschränkung der Studie hingewiesen. Damit seien in Anbetracht des Alters der Beschwerdeführerin formal die klinischen Resultate der CHERISH-Studie zur Nutzenevaluation nicht geeignet. Sie erfülle altersmässig die Einschlusskriterien der CHERISH-Studie nicht, hingegen sämtliche Ausschlusskriterien. Damit sei klar ausgewiesen, dass diese Studienresultate nicht auf ihre Erkrankungssituation übertragbar seien. Zur kritischen Analyse der Resultate der CHERISH-Studie, insbesondere auch gemäss der Tabelle 2 und der «Figure 2» (Urk. 12/17 S. 630 und S. 632), sei zu bemerken, dass die Studiendauer bezüglich des HFMSE-Assessments lediglich 15 Monate betrage und somit bis heute keine Langzeitresultate vorliegen würden. Die im HFMSE-Score nach 15 Monaten erreichte motorische Verbesserung um 4.9 Punkte (3.9 Spinraza® versus -1 Scheinbehandlung) entspreche bei einem Gesamtscore von 66 Punkten einer durchschnittlichen Verbesserung um 8 %. Von den mit Spinraza® behandelten Kindern erreichten 57 % den Schwellenwert von 3 Punkten gegenüber 26 % bei der Scheinbehandlung. Somit müsse davon ausgegangen werden, dass knapp 30 % der Probanden von einer Behandlung mit Spinraza® profitiert hätten. Ab einem Alter von zirka 5 Jahren und ebenfalls nach einer Krankheitsdauer von mehr als fünf Jahren seien zudem keine statistisch signifikanten HFMSE-Verbesserungen mehr zu verzeichnen. In der Figur 2A und 2B werde der Zusammenhang zwischen dem Erreichen eines klinisch relevanten Behandlungseffektes (Punkte im HFMSE-Score) in Relation zum Alter und der Erkrankungsdauer (Kindesalter zum Screeningzeitpunkt, das heisse Einschluss in die Studie, minus Alter bei Symptomgewinn) graphisch dargestellt. Beide Graphiken würden augenfällig zeigen, dass der definierte minimale Schwellenwert bezüglich klinischer Verbesserung ( 3 Punkte im HFMSE-Score) nur bis zu einem Alter von zirka 5 Jahren (2A) und einer Krankheitsdauer von knapp 5 Jahren (2B) erreicht werde. Dies wiederum bestätige die Richtigkeit des Studiendesigns, die Behandlung mit Spinraza® auf die Probandengruppe mit dem grössten Behandlungspotential zu beschränken. Damit sei aber auch belegt, dass keine wissenschaftliche Evidenz existiere, dass für Patienten wie die Beschwerdeführerin, die schon seit vielen Jahren an SMA erkrankt seien, von der Behandlung mit Spinraza® ein grosser Nutzen zu erwarten wäre (Urk. 12/19).

4.2.2    Der behandelnde Arzt, Prof. Dr. Y.___ vom Neuromuskulären Zentrum der Klinik für Neurologie des Z.___ erklärte in seiner Stellungnahme vom 25. Juni 2018 (Urk. 12/22) dagegen, in der CHERISH-Studie seien Kinder im Alter von 2 bis 12 Jahren untersucht worden, die von einer SMA Typ II und III betroffen gewesen seien. Die wichtigsten primären Endpunkte der CHERISH-Studie seien die Veränderung des HFMSE-Score bezogen auf die Ausgangssituation, welche bei der Nusinersen-Gruppe um 4.0 Punkte zugenommen habe, in der Placebogruppe aber um 1.9 Punkte abgenommen habe. Eine Verbesserung des HFMSE-Scores von  3 Punkte habe sich in 57 % der Nusinersen-behandelten Patienten gegenüber 26 % in der Placebo-Gruppe gefunden, womit mehr als 30 % der Patienten in der Nusinersen-Gruppe dieses Behandlungsziel erreicht hätten. Diese Studie gebe aber keinen Aufschluss über die Anzahl der stabilisierten Patienten. Aufgrund der Abbildung 2 der Studie könne aber abgeleitet werden, dass deutlich mehr Patienten in der Nusinersen-Gruppe zumindest eine Stabilisierung der Krankheitsprogression aufgewiesen hätten und somit eine höhere Wirksamkeit bei dieser chronisch-progredienten Erkrankung angenommen werden könne.

    Ausserdem würden Resultate von «Open-Label»-Studien vorliegen, in denen Jugendliche bis zum Alter von 15 Jahren behandelt worden seien (C. A. Chiriboga et al., Results from a phase 1 study of nusinersen [ISIS-SMNRX] in children with spinal muscular atrophy, [publiziert in] Neurology 86, 8. März 2016, Seiten 890-897 [American Academy of Neurology 2016; Urk. 12/23], und B. T. Darras et al., Nusinersen in treatment-naive patients with later-onset spinal muscular atrophy [SMA], efficacy results from a phase 1b/2a multicentre study [CS2] and its open-label extension [CS12], präsentiert am 21. Internationalen Kongress der World Muscle Society in Granada Spanien vom 4. bis 8. Oktober 2016 [Abstract]). Diese Studien würden einen Therapieeffekt zeigen, welcher mit der CHERISH-Studie vergleichbar sei. Ausserdem würden zunehmend weltweit an vielen Zentren auch Erwachsene mit SMA mit Nusinersen/Spinraza® behandelt. Aufgrund des Wirkungsmechanismus könne erwartet werden, dass unter der Voraussetzung des Vorhandenseins von mindestens zwei SMN2-Genkopien eine Verbesserung der SMN1-Funktion erreicht werden könne. Bislang seien zwei Studien publiziert, welche die Anwendung von Nusinersen/Spinraza® bei Erwachsenen beschreiben würden (J. Day et al., Nusinersen Efficacy in Adults with Spinal Muscular Atrophy, Neurology, 10. April 2018, 90 [15 Supplement], und B. Elsheikh et al., Nusinersen treatment for adults with Spinal Muscular Atrophy, a single center experience, Neurology, 10. April 2018, 90 [15 Supplement]). Die Daten dieser Studien würden zeigen, dass auch bei Patienten mit respiratorischer Insuffizienz, Skoliose und Wirbelkörperfusionen die Nusinersen-Therapie gut angewendet werden könne. Die beschriebenen Verläufe der behandelten Patienten würden praktisch durchgehend eine Stabilisierung oder gar Verbesserung der motorischen Funktionen zeigen, während unter der Annahme eines natürlichen Verlaufes mit der Abnahme gerechnet werden müsste (obige Referenzen und J. Day, personal communication).

    Auch wenn bei der CHERISH-Studie keine SMA-Patienten mit respiratorischer Insuffizienz (invasive oder nicht-invasive Beatmung), Sondenernährung oder schwerer Skoliose in die Studie eingeschlossen worden seien, seien die Daten der CHERISH-Studie auf die Situation der Beschwerdeführerin übertragbar. Diese Einschätzung werde unterstützt durch eine Reihe von oben aufgeführten «Open-Label»-Studien, welche durchgehend eine gute Wirksamkeit von Nusinersen/Spinraza® auch bei erwachsenen SMA-Patienten zeigen würden. Es sei aufgrund der Resultate der aufgeführten Studien eine hinreichende wissenschaftliche Evidenz gegeben, dass die vorgesehene Behandlung einen möglichen grossen therapeutischen Nutzen habe.

    Der vom Vertrauensarzt in der Nutzenbewertung mit OluTool NonOnko berechnete klinische Effekt von  5 % entsprechend einer Punktzahl 1 mit einem StudienratioC und einem Downgrading auf 0 Punkte respektive Nutzenkategorie D in der Beurteilung des Einzelfalles (Abweichung des Einzelfalles von der Studienpopulation) beziehe sich offensichtlich auf die absolute Veränderung des HFMSE-Scores bezogen auf die Ausgangssituation. Bei der neurodegenerativen Erkrankung wie der SMA mit einem unbehandelt chronisch progredienten und sich damit stetig verschlechternden Verlauf erscheine diese Kalkulation des berechneten klinischen Effektes nicht adäquat. Vielmehr sei es angebracht, für den Nutzeneffekt den Anteil der behandelten Patienten heranzuziehen, welche das therapeutische Ziel einer Verbesserung des HSFME-Score von 3 Punkten erreicht hätten. Damit läge ein therapeutischer Nutzen von  30% vor (3 Punkte). Aufgrund der dargelegten Studienlage mit kleinen Fallzahlen, welche sich hinreichend durch die Seltenheit der Erkrankung erkläre, müsse ein Punkteabzug erfolgen (-1 Punkt). Insgesamt liege daher eine Nutzenkategorie C vor (2 Punkte), welche einen Therapieversuch rechtfertige (Urk. 12/22 S. 2).

4.2.3    Hierzu und zu den entsprechenden Ausführungen der Beschwerdeführerin erklärte der Vertrauensarzt Dr. A.___ in seiner Stellungnahme vom 22. August 2018 (Urk. 12/24), sie habe weiterhin die Resultate der Interimsanalyse verwendet und nicht diejenigen der abgeschlossenen und im NEJM publizierten CHERISH-Studie. Die Verschlechterung in der Kontrollgruppe sei letztlich deutlich geringer ausgefallen als noch in der Interimsanalyse angenommen worden sei, mithin nicht minus 1.9 sondern minus 1.0 Punkte. Die Ansprechrate von 31 % sei als bescheiden zu werten.

    In der vertrauensärztlichen Nutzenbewertung mit dem SGV-Modell OLUtool NonOnko könne als deltaCE (klinisch relevante Effektveränderung) der CHERISH-Studie einzig die Veränderung des HFMSE-Scores in der Schlussanalyse um 7.4 % (4.9 Punkte x 100 : 66 Gesamtscore) berücksichtigt werden. Denn in der CHERISH-Studie sei als primärer Endpunkt und damit als Hauptmerkmal der klinischen Wirksamkeit allein die Veränderung des HFMSE-Scores unter der Behandlung mit Spinraza® als Mass für die motorische Verbesserung definiert worden. Daher könne auch der statistischen Studienanalyse von Prof. Dr. Y.___ und seiner daraus folgenden Nutzenbewertung nicht gefolgt werden. Die Ansprechsrate sei nicht als primärer Endpunkt definiert worden. Die Ansprechrate gebe keinen Hinweis auf das Ausmass der klinischen Wirkung einer Behandlung. Die hier errechnete Ansprechrate von 31 % würde im Übrigen die klinische Wirksamkeit erheblich relativieren, denn es gelte auch der Umkehrschluss, dass 69 % der mit Spinraza® behandelten SMA-Patienten keinen Nutzen aus der Behandlung hätten ziehen können. Die Ansprechrate von 31 % liege daher auch knapp oberhalb der Grenze, ab welcher im OLUtool NonOnko ein Punkteabzug erfolgen müsste. Die Veränderung des massgeblichen HFMSE-Score gemäss der Schlussanalyse von 4.9 Punkten respektive die Verbesserung um 7.4 % ergebe im Studienrating mit dem OLUtool NonOnko einen Punkt. Da die Beschwerdeführerin keine der Einschlusskriterien, aber sämtliche Ausschlusskriterien gemäss dem Studiendesign erfülle, führe dies zu einem Downgrading um einen Punkt, so dass mit 0 Punkten die Nutzenkategorie D (kein hoher therapeutischer Nutzen ausgewiesen) resultiere. Dies sei auch deshalb gerechtfertigt, da mit den Resultaten der CHERISH-Studie, namentlich gemäss der Figure 2, die Wirksamkeit der Behandlung mit Spinraza® bei Erwachsenen bislang nicht nachgewiesen sei und (selbst) bei Kindern im Alter von 6 bis 12 Jahren in (nur) knapp einem Drittel der Behandelten mit SMA Typ II und III eine klinisch relevante Verbesserung zu erwarten sei. Die Auswertung zeige, dass im hier vorliegenden Einzelfall nicht davon ausgegangen werden könne, dass von der Behandlung der in Art. 71b KVV geforderten hohen Nutzen zu erwarten sei.

    Da sowohl für die infantile SMA (ENDEAR-Studie) und für die Later-Onset SMA (CHERISH-Studie) Phase-III-Studien vorliegen würden, die zur vertrauensärztlichen Nutzenbewertung herangezogen werden könnten, greife das bei seltenen Krankheiten wie der SMA Typ II mit einer Prävalenz von 1-9/100'000 gemäss Orphanat vorgesehene Vorgehen mit Upgrading zu Kategorie C im OLUtool NonOnko (Urk. 12/29/1 S. 2) nicht. Die Analyse dieser Studien würden für die infantile und die Later-Onset SMA (Alter des Kindes  12 Jahre) einen hohen therapeutischen Nutzen ergeben. Mit der Argumentation der Beschwerdeführerin und von Prof. Dr. Y.___ müssten in der nichtadäquaten Anwendung des OLUtools NonOnko generell, also auch bei der Behandlung von Kindern lediglich die Nutzenkategorie C attestiert werden, anstelle der Nutzenkategorie A respektive B.

    Auch würden keine der CHERISH-Studie vergleichbare Studien vorliegen, die eine klinische Wirksamkeit von Spinraza® bei der SMA vom Typ II und III belegen würden. Die vom Anwalt erwähnte Phase-I-Studie von C. A. Chiriboga et al. sei 2016 publiziert worden. Die CHERISH-Studie hingegen sei eine Phase-III-Studie und sei im Februar 2018 im NEJM publiziert worden. In der Referenz 9 in der CHERISH-Studie sei auf diese Phase-I-Studie verwiesen worden. Somit sei die Studie von C. A. Chiriboga et al. mit der Evidenzklasse IV nicht geeignet, die Resultate der nachfolgenden CHERISH-Studie zu ergänzen. Das im Background der Studie von J. Day et al., welche für die Wirksamkeit von Spinraza® bei Erwachsenen beigezogen worden sei, Aufgeführte («Clinical trial have shown benefit in children, but the efficacy in adults has not been documented.») entspreche vollumfänglich der vertrauensärztlichen Einschätzung, wie sie in die Verfügung eingeflossen sei. Diese nicht abgeschlossene klinische Studie mit kleiner Probandenzahl (20 behandelte Probanden/Analyse der klinischen Resultate sei noch ausstehend) sei ohne Vergleichsarm (mit einer Kontrollgruppe) und könne bezüglich der klinischen Wirksamkeit nicht als Ergänzung respektive Korrektur der Resultate der Phase-III-Studie hinzugezogen werden. Die Single-Center-Studie von B. Elsheikh et al. sei nicht publiziert und bislang lediglich am AAN_Annual Meeting im April 2018 mündlich präsentiert worden (Urk. 12/24).

4.2.4    In der vertrauensärztlichen Stellungnahme vom 20. Februar 2019 (Urk. 21/30) führte Dr. A.___ zur CHERISH-Studie ergänzend aus, aus der Abbildung A der Figure 2 (Urk. 12/17 S. 632) sei ersichtlich, dass der therapeutische Nutzen nach 15 Monaten Behandlung in Relation zum Alter bei Behandlungsbeginn rasch absinke und gemäss der graphischen Darstellung nach dem Alter von 5 Jahren keine klinisch relevante Verbesserung, das heisse mindestens eine 3-Punkte-Veränderung im HFMSE-Score, zu verzeichnen sei. In Abbildung B zeige sich eine ähnliche Korrelation zwischen Verbesserung des HFMSE-Scores in Relation zur Erkrankungsdauer (Zeitraum vom Auftreten der ersten Symptome bis zum Screening beziehungsweise Behandlungsbeginn). Im Kapitel Diskussion würden diese Resultate folgendermassen bewertet: «The greatest improvements in the HFMSE score over the 15-months period were observed in younger children and in those who received treatment soon after symptom onset» (Urk. 12/17 S. 631). Der CHERISH-Studie sei damit unmissverständlich zu entnehmen, dass die klinischen Resultate einzig aus der Behandlung mit Kindern resultierten und dass ein zu erwartender therapeutischer Nutzen negativ mit dem Alter des Kindes und der Erkrankungsdauer korreliere. Welcher therapeutische Nutzen bei einer Erkrankungsdauer und einem Alter von über 30 Jahren zu erwarten sei, gehe aus der CHERISH-Studie nicht hervor. Es existiere somit aktuell keine wissenschaftliche Evidenz für einen hohen therapeutischen Nutzen bei der Behandlung Erwachsener mit Spinraza®, die mit SMA vom Typ II erkrankt seien. Diese wissenschaftliche Erkenntnis sei auch in den Zulassungstext von Swissmedic eingeflossen: «Die klinischen Daten der Wirksamkeit und Sicherheit sprechen stark dafür, die Therapie mit Nusinersen so schnell wie möglich nach Auftreten der Symptome oder der genetischen Diagnose von SMA zu initiieren. Dies basiert auf dem Hintergrund der raschen progressiven Abnahme, die in Longitudinal-Studien beobachtet wurde, und auf den Beobachtungen in den Kontroll-Gruppen der Studien CS3B und CS4.» (Urk. 21/30).

4.3

4.3.1    Aus den insofern übereinstimmenden Ausführungen von Dr. A.___ und Prof. Dr. Y.___ in den hiervor zitierten Berichten sowie aus der CHERISH-Studie selbst (Urk. 12/17) ergibt sich, dass mit dieser wissenschaftlichen doppelblinden Phase-III-Studie mit Kontrollgruppe (Scheinbehandlung) die Wirkung der Behandlung mit dem Wirkstoff Nusinersen (Spinraza®) unter Einschluss von 126 Kindern untersucht wurde, welche an einer 5q-assoziierten SMA vom Typ II oder III (erste Symptome nach dem 6. Lebensmonat) leiden (Urk. 12/17 S. 625). Die Kinder waren bei Studienbeginn zwischen zwei und neun Jahre alt, das mediane Alter bei der Nusinersen-Gruppe betrug vier Jahre, bei der Kontrollgruppe drei Jahre (Tabelle 1, Urk. 12/17 S. 629). Als Teilnahmeanforderungen an die Probanden wurden in der Studie ein Alter von zwei bis 12 Jahren, die Fähigkeit, ohne Hilfe zu sitzen und bestimmte Einschränkungen beim Gehen sowie ein (initialer) Score (Punktestand, Ergebnis) im HFMSE von 10 bis 54 Punkten bei einer Punktereichweite von 0 bis 66 Punkte (je höher die Anzahl Punkte, desto besser die motorischen Funktionen) aufgeführt. Als Ausschlusskriterien zur Teilnahme an der CHERISH-Studie wurden schwere Kontrakturen, eine radiologisch nachgewiesene schwere Skoliose, respiratorische Insuffizienz und Ernährung mit Magensonde genannt (Urk. 12/17 S. 626 f.). Die Untersuchung wurde während 15 Monaten vorgenommen (Behandlungs-Periode von neun Monaten und eine anschliessende Periode [a followed-up period] von sechs Monaten). Als primärer Endpunkt wurde in der CHERISH-Studie die Veränderung des HFMSE-Punktestandes vom Studienbeginn bis zum 15. Monat der klinischen Untersuchung definiert. Mit der HFMSE wurden jeweils die motorischen Funktionen bezüglich 33 Aktivitäten mit Bezug zum täglichen Leben beurteilt. Eine Veränderung von wenigstens 3 Punkten wurde dabei als klinisch relevant erachtet (Urk. 12/17 S. 627).

4.3.2    Betreffend die Ergebnisse der CHERISH-Studie wiesen die Beschwerdegegnerin und Dr. A.___ zutreffend darauf hin, dass nicht das von Prof. Dr. Y.___ in der Stellungnahme vom 25. Juni 2018 (Urk. 12/22 S. 2) zitierte Zwischenergebnis («interim analysis») einer durchschnittlichen Veränderung in den motorischen Fähigkeiten um 5.9 Punkte im HFMSE-Score (Zunahme um 4.0 Punkte bei der Nusinersen-Gruppe, Abnahme um 1.9 Punkte bei der Kontrollgruppe; Urk. 12/17 S. 625, S. 628 und [Tabelle 2] S. 630) beachtlich ist, sondern dass allein das Endergebnis der Studie massgeblich sein kann, nämlich eine durchschnittliche Veränderung in den motorischen Fähigkeiten um 4.9 Punkte im HFMSE-Score (Zunahme um 3.9 Punkte bei der Nusinersen-Gruppe, Abnahme um 1.0 Punkte bei der Kontrollgruppe; Urk. 12/17 S. 628, [Tabelle 2] S. 630 und [Figure 1A] S. 631). Denn Zwischenergebnisse einer (publizierten) klinischen Studie sind für den rechtsprechungsgemäss (BGE 136 V 395 E. 6.5, 142 V 325 E. 2.3.2.2) geforderten wissenschaftlichen Nachweis der Wirksamkeit des betreffenden Arzneimittels im Sinne eines hohen therapeutischen Nutzens (Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV) nur dann beizuziehen, wenn die Endergebnisse dieser Studie nicht verfügbar sind und insbesondere aufgrund der Seltenheit der betreffenden Erkrankung keine anderen abgeschlossenen publizierten Studienresultate vorliegen. Dies ist hier, da die Endergebnisse der CHERISH-Studie im NEJM Mitte Februar 2018 publiziert wurden, zweifelsfrei nicht der Fall.

    Soweit Prof. Dr. Y.___ ausserdem zur Beurteilung des Nutzeneffektes von Nusinersen den Anteil der behandelten Patienten als massgeblich erachtete, welche das therapeutische Ziel einer Verbesserung des HSFME-Scores von 3 Punkten erreichten (Urk. 12/22 S. 2 f.), mithin rund 31 % (57 % der Kinder in der Nusinersen-Gruppe abzüglich des Ergebnisses von 26 % in der Kontrollgruppe; vgl. «Children with change in HFMSE score of 3 points» in Tabelle 2, Urk. 12/17 S. 630), kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Denn damit bezog er sich allein auf einen sekundären Endpunkt («secondary end point») anstatt auf den primären und - wie Prof. Dr.  Y.___ selbst festhielt (Urk. 12/22 S. 2) - folglich auf den wichtigsten Endpunkt der Studie («primary end point: change from baseline in HFMSE score least-squares mean» [Veränderung der HFMSE-Gesamtpunktzahl gegenüber dem Ausgangswert nach 15 Monaten]; Urk. 12/17 S. 629 f.; Urk. 12/12 S. 11). Der genannte sekundäre Endpunkt (Ansprechrate) bezieht sich lediglich auf die Anzahl der Kinder, bei denen eine klinisch relevante Veränderung im HFMSE-Punktestand von 3 Punkte eingetreten ist. Auch wenn mit diesem Endpunkt zumindest sichergestellt werden kann, dass die Behandlung nicht nur vereinzelt, sondern bei einer ausreichend repräsentativen Anzahl von Kindern eine klinisch relevante Wirkung hatte, vermag er doch nicht abschliessend darüber Auskunft zu geben, wie tiefgreifend der Effekt der Behandlung in Bezug auf die mit der Studie untersuchten motorischen Fähigkeiten im Durchschnitt war. Bei der hier relevanten Frage nach einem grossen therapeutischen Nutzen interessiert dagegen in erster Linie, ob und mit welchem Ausmass eine erhebliche Wirkung durch die Behandlung mit Nusinersen zu erwarten ist. Dies ist nur unter Berücksichtigung des primären Endpunktes der Studie (im Ergebnis 4.9 Punkte Differenz im HFMSE score zwischen den Gruppen mit und ohne Behandlung nach 15 Monaten) ersichtlich. Auch deshalb darf das Studienergebnis gemäss dem primären Endpunkt nicht ausser Acht gelassen werden. Den Ausführungen von Dr. A.___ hierzu, insbesondere den Bemerkungen, dass die Ansprechsrate von 31 % kein Hinweis auf das Ausmass der klinischen Wirksamkeit einer Behandlung gebe (Urk. 12/24 S. 2), ist daher zuzustimmen.

    Dem von Prof. Dr. Y.___ als beachtlich bezeichneten Umstand, dass es sich bei der SMA um eine (unbehandelt) chronisch progrediente und damit sich stetig verschlechternde neurodegenerative Erkrankung handelt (Urk. 12/22 S. 3), wurde beim Ergebnis gemäss dem primären Endpunkt im Übrigen insofern Rechnung getragen, dass nicht nur die durchschnittliche Zunahme der motorischen Fähigkeiten um 3.9 Punkte bei der Nusinersen-Gruppe berücksichtigt wurde, sondern auch die Abnahme um einen Punkt bei der scheinbehandelten Kontrollgruppe.

4.3.3    Als massgebliches Ergebnis der CHERISH-Studie gilt somit - entsprechend dem Studiendesign - die Differenz in den motorischen Fähigkeiten um 4.9 Punkte nach der HFMSE-Skala unter der Behandlung mit Nusinersen nach 15 Monaten im Vergleich zur Scheinbehandlung (Urk. 12/17 S. 628, [Tabelle 2] S. 630 und [Figure 1A] S. 631).

    Dass damit ein klinisch relevanter therapeutischer Nutzen für die Behandlung mit Nusinersen von Kindern im Alter bis 12 Jahren, welche an einer SMA vom Typ II oder III leiden, ausgewiesen ist, wurde auch von Dr. A.___ bestätigt. In der Stellungnahme vom 22. August 2018 hielt er dazu ausdrücklich fest, dass die Analyse der ENDEAR- und der CHERISH-Studien für die infantile und die Later-Onset SMA (Alter des Kindes 12 Jahre) einen hohen therapeutischen Nutzen bei Einleitung der Therapie (mit Nusinersen) im Kindesalter ergebe (Urk. 12/24 S. 3).

4.3.4    Es kann hier sodann offen bleiben, ob und inwiefern der von Dr. A.___ in Bezug auf den HFMSE-Gesamtscore von 66 Punkten ermittelte Wert einer durchschnittlichen Verbesserung (in den motorischen Fähigkeiten) von 7.4 % (Urk. 12/19 S. 4) respektive 7.6 % (Urk. 21/30 S. 2) und (wohl gerundet) 8 % (Urk. 12/19 S. 4) im Studienrating OLUtool NonOnko des SGV (Urk.12/29/1) massgeblich ist. Denn die vertrauensärztliche Beurteilung gemäss dem OLUtool NonOnko, einem Modell für Vertrauensärzte zur Nutzenbestimmung für Arzneimittel im Art. 71 a–d KVV, ist für das Gericht nicht massgeblich. Ausserdem hat auch Prof. Dr. Y.___ gemäss dem OLUtool NonOnko, womit auch die Besonderheiten des Einzelfalls der Leistungsansprecherin berücksichtigt werden, eine Kategorie ermittelt, gemäss der sich lediglich ein Therapieversuch rechtfertigen kann (Nutzenkategorie C: «Grosser Nutzen = Pflichtleistung aus OKP NEIN -> Therapieversuch»; Urk. 12/22 S. 3), wogegen gemäss dem OLUtool NonOnko erst die Nutzenkategorien A und B auf einen grossen therapeutischen Nutzen und damit eine Pflichtleistung der obligatorischen Krankenversicherung verweisen würden (Urk. 12/29/1 S. 1). Auf einen solchen Therapieversuch besteht entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin (Urk. 1 S. 13 ff., Urk. 15 S. 10 f., Urk. 24 S. 10, Urk. 30 S. 4) kein Anspruch; hierzu fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Weitere Erwägungen hierzu erübrigen sich daher.

4.4

4.4.1    Entscheidend und zu klären ist nach dem Gesagten, ob der mittels publizierter klinischer Phase-III-Studien (CHERISH-Studie) erbrachte Nachweis der Wirksamkeit der Behandlung mit Nusinersen bei Kindern bis 12 Jahre gleichermassen für Erwachsene mit jahrelanger SMA-Erkrankung vom Typ II und fortgeschrittenen Krankheitssymptomen, wie sie bei der Beschwerdeführerin vorliegen, gilt.

    Dr. A.___ schloss insbesondere aus den Ein- und Ausschlusskriterien der CHERISH-Studie sowie aus dem Studienergebnis gemäss den Abbildungen 2A und 2B («figur 2», Urk. 12/17 S. 632) darauf, dass die Resultate der CHERISH-Studie nicht auf die Erkrankungssituation von erwachsenen Patienten wie der Beschwerdeführerin mit jahrelanger SMA-Erkrankung vom Typ II übertragbar seien (Urk. 12/19, Urk. 21/30). Dem ist aus beweisrechtlicher Sicht zuzustimmen. Denn mit der CHERISH-Studie liegen allein Studienergebnisse zu Behandlungen mit Nusinersen bei Kindern mit SMA vom Typ II und III bis 12 Jahren vor.

    Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin (Urk. 15 S. 5 f., Urk. 24 S. 8) sind insbesondere die Ausführungen von Dr. A.___ zu den Abbildungen 2A und 2B («figur 2», Urk. 12/17 S. 632) nicht willkürlich, sondern sachlich fundiert und sie stehen im Einklang mit den publizierten Studienergebnissen. Wie Dr. A.___ zutreffend ausführte (Urk. 12/19 S. 5, Urk. 21/30), wurde in der NEJM-Publikation vom 15. Februar 2018 festgehalten, dass die grössten Verbesserungen im HFSME-Score über den Zeitraum von 15 Monaten bei jüngeren Kindern beobachtet worden seien und (ausserdem) bei jenen, die kurz nach Auftreten der Symptome behandelt worden seien («The greatest improvements in the HFMSE score over the 15-months period were observed in younger children and in those who received treatment soon after symptom onset»; Urk. 12/17 S. 631). Den Abbildungen 2A und 2B auf der nächsten Seite des NEJM-Artikels sind die Einzelheiten zu dieser Schlussfolgerung zu entnehmen, womit erkennbar ist, dass die Verbesserung der motorischen Fähigkeiten nach 15 Monaten Behandlung gemäss dem HFMSE-Score («Change from Baseline to Month 15 in HFMSE Score») bei den mit Nusinersen behandelten Kindern mit einem Alter von zirka 5 Jahren und älter im Gegensatz zu den jüngeren Kindern unter der klinisch als relevant definierten Grenze von 3 Punkten blieb (Abbildung 2A). Auch bei den mit Nusinersen behandelten Kindern, deren SMA-Erkrankung bereits seit 5 Jahren andauerte, blieb die Verbesserung der motorischen Fähigkeiten nach 15 Monaten Behandlung gemäss dem HFMSE-Score unter der klinisch als bedeutsam definierten Grenze von 3 Punkten (Urk. 12/17 S. 632). Die CHERISH-Studie zeigt somit lediglich in Bezug auf die Behandlung von Kindern bis zum Alter von 12 Jahren auf, dass ein klinisch bedeutsamer Effekt von der Behandlung mit Spinraza® bei Kleinkindern und in den frühen Jahren der SMA-Erkrankung zu erwarten ist. Die Feststellung von Dr. A.___ (Urk. 21/30 S. 2), dass ein zu erwartender therapeutischer Nutzen negativ mit dem Alter des Kindes und der Erkrankungsdauer korreliere, trifft somit zu. Ebenso korrekt ist seine Aussage, dass aus der CHERISH-Studie nicht hervorgehe, welcher therapeutische Nutzen bei einer 30-jährigen Erkrankungsdauer und einem Alter von über 30 Jahren zu erwarten sei.

4.4.2    Es entspricht ferner einer Tatsache, dass die wissenschaftliche Erkenntnis aus der CHERISH-Studie (CS4) - und ausserdem aus der ENDEAR-Studie (CS3B) auch in den Zulassungstext von Swissmedic einfloss, wie ihn Dr. A.___ zutreffend zitierte (Urk. 21/30 S. 2): «Die klinischen Daten der Wirksamkeit und Sicherheit sprechen stark dafür, die Therapie mit Nusinersen so schnell wie möglich nach Auftreten der Symptome oder der genetischen Diagnose von SMA zu initiieren. Dies basiert auf dem Hintergrund der raschen progressiven Abnahme, die in Longitudinal-Studien beobachtet wurde und auf den Beobachtungen in den Kontroll-Gruppen der Studien CS3B und CS4 (vgl. Fach- respektive Produktinformation von Spinraza®, Urk. 12/12 S. 1; www.swissmedicinfo.ch).

    Mit der Fachinformation wird die Anwendung von Spinraza® zwar nicht auf Kinder beschränkt, jedoch ergibt sich auch hieraus, dass die CHERISH-Studie allein keinen ausreichenden (wissenschaftlichen) Nachweis dafür zu erbringen vermag, dass von der Anwendung von Spinraza® bei Erwachsenen mit SMA vom Typ II ein hoher therapeutischer Nutzen im Sinne von Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV zu erwarten ist.

4.4.3    Nichts anderes ist der Stellungnahme von Prof. Dr. Y.___ (Urk. 12/22) zu entnehmen. Denn er stützte sich bei seiner Einschätzung, dass die Daten der CHERISH-Studie auf die Situation der Beschwerdeführerin respektive auf SMA-Patienten mit respiratorischer Insuffizienz, Sondenernährung oder schwerer Skoliose übertragbar seien, nicht allein auf die CHERISH-Studie selbst, sondern verwies hierzu hauptsächlich auf weitere Studien und auf den Umstand, dass weltweit an vielen Zentren auch Erwachsene mit SMA mit Nusinersen behandelt würden.

4.5    Es ist nachfolgend somit zu prüfen, ob der Nachweis des hohen therapeutischen Nutzens in Bezug auf die Behandlung von Erwachsenen mit Spinraza®, welche an SMA vom Typ II erkrankt sind, mit den von Prof. Dr. Y.___ genannten und den von der Beschwerdeführerin in diesem Verfahren eingereichten (Urk. 16/5, Urk. 49/2-3) weiteren Studien erbracht ist.


5.

5.1    

5.1.1    Bei der C. A. Chiriboga et al., Results from a phase 1 study of nusinersen (ISIS-SMNRX) in children with spinal muscular atrophy, handelt es sich um eine Open-label Phase-I-Studie der Evidenzklasse IV («Class IV evidence»), in welcher 28 Teilnehmer im Alter von zwei bis 14 Jahren mit symptomatischer SMA mit Nusinersen behandelt wurden. Die Studie erfolgte somit in voller Kenntnis von Teilnehmenden und Forschenden der Behandlungsart (Open-Label). Die Studie wurde am 8. März 2016 im Neurology® Journal Volume 86, Number 10, der American Academy of Neurology (Seiten 890-897) publiziert (Urk. 12/23; https://n.neurology.org/content/neurology/86/10/890.full.pdf).

    Dr. A.___ (Urk. 12/24 S. 1) erklärte hierzu, dass diese Phase-I-Studie nicht dazu geeignet sei, die Resultate der zeitlich nachfolgenden CHERISH-Studie, welche in der Referenz 9 auf die Studie Chiriboga et al. verwiesen habe und eine Phase-III-Studie sei (vgl. Urk. 12/17 S. 634), zu ergänzen. Prof. Dr. Y.___ erklärte ausserdem, dass mit dieser Studie ein Therapieeffekt gezeigt werde, der mit der CHERISH-Studie vergleichbar sei (Urk.12/22 S. 3). Die Ergebnisse der Studie Chiriboga et al. gehen somit nicht über jene der CHERISH-Studie (Phase III) hinaus, sondern beschränken sich auf Vorergebnisse.

    Eine Aussage zum hohen therapeutischen Nutzen bei Erwachsenen mit SMA vom Typ II lässt sich aus dieser Studie daher ebenfalls nicht ableiten. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil in dieser Studie wiederum einzig Kinder bis zum Alter von 14 Jahren mit Nusinersen behandelt wurden. Auch diente sie als Phase-I-Studie in erster Linie der Erforschung der Verträglichkeit, Effekte im Körper und Sicherheit des Wirkstoffs des Medikaments. Im Übrigen verweist die Evidenzklasse IV (zweit letzte von Klassen Ia bis V) auf eine geringe wissenschaftliche Basis.

5.1.2    Hinsichtlich der Studie B. T. Darras et al., Nusinersen in treatment-naive patients with later-onset spinal muscular atrophy (SMA), efficacy results from a phase 1b/2a multicentre study (CS2) and its open-label extension (CS12), gilt im Wesentlichen dasselbe. Auch diese Studie liegt zeitlich vor der im Februar 2018 publizierten CHERISH-Studie und auf sie wurde in der Referenz 17 der CHERISH-Studie verwiesen. Auch zur Studie B. T. Darras et al. bemerkte Prof. Dr. Y.___, dass damit ein Therapieeffekt gezeigt werde, welcher mit (demjenigen) der CHERISH-Studie vergleichbar sei (Urk. 12/22 S. 2). Dies entspricht dem, was in der CHERISH-Studie zu den Studien B. T. Darras et al., und C. A. Chiriboga et al. angemerkt wurde. Und zwar würden die in der CHERISH-Studie berichteten Ergebnisse mit den Ergebnissen der früheren Open-Label-Studien übereinstimmen, an denen Kinder bis zum Alter von 15 Jahren teilgenommen hätten. Die Studien würden aufzeigen, dass Nusinersen positive Auswirkungen bei einer Gruppe von Kindern mit SMA vom Typ II oder III hätten, die breiter und heterogener gewesen sei, als die in die CHERISH-Studie eingeschlossene Gruppe («The results we report here are consistent with the results of previous open-label studies that enrolled children up to 15 years of age. The studies showed that nusinersen had positive effects in populations of children with SMA type 2 or 3 that were broader and more heterogenous than the population enrolled in this trial.»; Urk. 12/17 S. 633 f.).

    Hinzu kommt, dass die Ergebnisse dieser Studie nicht publiziert, sondern lediglich am 21. Internationalen Kongress der World Muscle Society in Granada, Spanien, vom 4. bis 8. Oktober 2016 präsentiert wurden (Urk. 12/17 S. 634), zumindest soweit die Ergebnisse nicht aus der Publikation zur erweiterten Studie B. T. Darras et al., Nusinersen in later-onset spinal muscular atrophy (ID-Nr. ISIS 396443-CS12), ersichtlich sind (vgl. dazu E. 5.1.3 hernach).

    Somit geht die Aussage- und Beweiskraft der Studie B. T. Darras et al. ebenso wie die der Studie C. A. Chiriboga et al. nicht über jene der CHERISH-Studie hinaus, so dass auch diese keine hinreichende wissenschaftliche Grundlage zum Nachweis der Wirksamkeit der Behandlung von Erwachsenen mit SMA vom Typ II darstellt.

5.1.3    In der von der Beschwerdeführerin nachgereichten Studie B. T. Darras et al., Nusinersen in later-onset spinal muscular atrophy (ID-Nr. ISIS 396443-CS12), publiziert am 21. Mai 2019 im Neurology® Journal Volume 92, Number 21, der American Academy of Neurology (Seiten e2492-e2506; https://n.neurology.org/ content/92/21/e2492), wurden - nach einem Unterbruch von 196 bis 413 Tagen- jene 24 Kinder mit Nusinersen während 715 Tagen (1 Jahr und rund 11 Monate) weiterbehandelt, denen im Rahmen der Studie Nr. ISIS 396443-CS2 (dazu E. 5.1.2 hiervor) im Alter von zwei bis 15 Jahren (28 Kinder) erstmals Nusinersen (während 253 Tagen) verabreicht worden war und die nicht ausgeschieden waren oder die Behandlung abgebrochen hatten (4 Kinder). Von diesen 24 Kindern litten lediglich 10 Kinder an SMA mit dem Typ II, die restlichen 14 Kinder litten an SMA vom Typ III (Urk. 49/2 S. e2494 f. [vgl. insbesondere Figure 1B]; Urk. 57/1).

    Damit betraf auch diese Studie die Verträglichkeit und Wirksamkeit der Behandlung mit Nusinersen von Kindern, wenn auch im Hinblick auf einen längeren Zeitraum als dies in der CHERISH-Studie der Fall war, und jedenfalls nicht von Erwachsenen. Dass einzelne oder eines der Kinder - was sich aus der Publikation nicht eindeutig ergibt - im Verlauf der Studie das 18. Altersjahr erreichten, ist für die hier zu klärende Frage der Wirksamkeit der Behandlung von Erwachsenen mit SMA vom Typ II und erst Recht nicht von Erwachsenen mit einem Alter von um die 30 Jahre nicht von Bedeutung. Denn das Durchschnittsalter bei Beginn der Studie B. T. Darras et al. CS2 (ID-Nr. ISIS 396443-CS2) lag bei den an SMA vom Typ II erkrankten Kindern bei 4.4 Jahren und bei den an SMA vom Typ III erkrankten Kindern bei 8.9 Jahren (Urk. 49/2 S. e2496). Somit lag das Durchschnittsalter bei Abschluss der beiden Studien Darras et al. CS2 (253 Tage) und CS12 (715 Tage; ID-Nr. ISIS 396443-CS12) unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Unterbruchsdauer zwischen den Studien von 304.5 Tagen (196 + 413 : 2) bei rund 8.6 Jahren bei den an SMA vom Typ II erkrankten Kindern und bei rund 13.1 Jahren bei den an SMA vom Typ III erkrankten Kindern.

    Hinzu kommt, dass nur eine kleine Behandlungsgruppe von 24 Kindern in die CS12-Studie eingeschlossen war, von denen nur 10 Kinder an SMA vom Typ II erkrankt waren (Urk. 49/2 S. e2494 f. [Figure 1B]. Die damit beschränkte Aussage- und Beweiskraft der Studie CS12 ist auch dadurch beeinträchtigt, dass es sich wie schon bei der Studie CS2 um eine Open-label-Studie der Evidenzklasse IV («Class IV evidence) ohne interne Kontrollgruppe handelte und ausserdem eine 1/2-Phase-Studie This integrated analysis had some limitations. CS2 and CS12 were open-label studies with no internal control groups. Because of the small sample size, additional analyses assessing the effects of covariates on the endpoints tested were not possible»; Urk. 49/2 S. e2501). Damit vermag auch die erweiterte Studie B. T. Darras et al., Nusinersen in later-onset spinal muscular atrophy (ID-Nr. ISIS 396443-CS12), im Hinblick auf die hier zu klärende Frage nicht über die Aussage der CHERISH-Studie hinauszugehen.

    Der Vertrauensarzt Dr. C.___ schloss daher in seiner Stellungnahme vom 29. Januar 2020 (Urk. 53 S.3) im Ergebnis zu Recht darauf, dass auch die erweiterte Studie Darras et al., Nusinersen in later-onset spinal muscular atrophy (ID-Nr. ISIS 396443-CS12), keinen ausreichenden (wissenschaftlichen) Nachweis dafür zu erbringen vermag, dass von der Anwendung von Spinraza® bei Erwachsenen mit SMA vom Typ II ein hoher therapeutischer Nutzen im Sinne von Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV zu erwarten ist.

5.2

5.2.1    Zur Studie B. Elsheikh et al., Nusinersen treatment for adults with Spinal Muscular Atrophy, a single center experience, ist festzuhalten, wie Dr. A.___ zutreffend ausführte, dass sie nicht publiziert und bislang (insbesondere bis zum Erlass des angefochtenen Entscheides vom 28. August 2018, Urk. 2; zum richterlichen Überprüfungszeitraum vgl. BGE 143 V 409 E. 2.1, 134 V 392 E. 6) lediglich am AAN_Annual Meeting im April 2018 (American Academy of Neurology Annual Meeting, 21. bis 27. April 2018) mündlich präsentiert worden ist (Urk. 12/24 S. 2). Die Studie respektive die Publikation von den Zwischenergebnissen ist dementsprechend auch nicht in den Akten.

    Publiziert wurde lediglich die Zusammenfassung (vgl. «Abstract», https://n.neurology.org/content/90/15_Supplement/S46.006). Dieser ist zu entnehmen, dass es sich dabei um eine Zwischenanalyse einer andauernden Studie zu Erwachsenen mit SMA handelt. Unter dem Titel Resultat wurde zudem ausgeführt, dass 29 erwachsene Patienten im Alter von 18 bis 59 Jahren ermittelt worden seien. Von den 19 Patienten, die das Annahmeverfahren gestartet hätten, hätten 14 Patienten das Verfahren beendet. Sechs Patienten hätten wenigstens eine Injektion erhalten; drei Patienten hätten vier Dosen beendet. Alle drei Patienten hätten über eine subjektive Verbesserung im Stehvermögen und in der Ausdauer berichtet. Einschätzungen nach der Behandlung bei zwei Patienten hätten einen stabilen MVICT-Score (Maximum Isometric Voluntary Contraction Testing) gezeigt; der HSFMSE-Score (gemeint wohl: HFMSE) sei beim ersten Patienten bei 49 geblieben und beim zweiten Patienten von 31 auf 34 gestiegen. Beim ersten (dieser beiden) Patienten habe sich ausserdem eine Zunahme von 25 Metern im Sechs-Minuten-Geh-Test (6MWT; 6-min walk test) gezeigt («Results: A total of 29 adult patients [ages18–59; 14M &15 F] were evaluated for nusinersen treatment. Six patients were not interested in the drug and four lacked adequate insurance coverage to pursue authorization to treat. Of the 19 patients who started the approval process, 14 completed the process. 12 patients received insurance approval, but 2 were denied despite appeals. Six patients have received at least one injection [5 were ambulatory SMA type 3 and 1 SMA type 2]. Three patients have finished four loading doses. Patients tolerated the procedure well, but all had post injection headache that is mild except in one patient. All three patients reported subjective improvement in stamina and endurance. Post-loading assessments in two patients showed stable MVICT scores; HSFMSE score remained at 49 in first patient and went from 31 to 34 in the second. There was 25-meter increase in 6MWT distance in the first patient; https://n.neurology.org/content/90/ 15_Supplement/S46.006).

    Das Zwischenergebnis der B. Elsheikh et al. per April 2018 basiert letztlich somit auf sehr wenigen erwachsenen Patienten, von denen lediglich bei zweien objektive Daten bezüglich der therapeutischen Wirksamkeit von Nusinersen erhoben wurden. Damit ist die Studie auch im - lediglich in Form einer Zusammenfassung vorliegenden - (Zwischen-)Ergebnis beweisrechtlich nicht genügend aussagekräftig. Mit der Studie B. Elsheikh et al. ist daher nicht ausgewiesen, dass durch die Behandlung mit Spinraza bei Erwachsenen mit SMA vom Typ II voraussichtlich ein bestimmter und aus rechtlicher Sicht als gross zu beurteilender therapeutischer Nutzen, über den in den einschlägigen Fachkreisen Konsens besteht, eintritt.

5.2.2    Die Studie J. Day et al., Nusinersen Efficacy in Adults with Spinal Muscular Atrophy, liegt ebenfalls nicht bei den Akten. Auch diese wurde am AAN_Annual Meeting im April 2018 mündlich präsentiert und die Zusammenfassung wurde im Neurology® Journal (2018, 90 [15 Suppl]: S46.006) publiziert (vgl. «Abstract» in: https://n.neurology.org/content/90/15_Supplement/S46.001 ; vgl. auch https://tou chneurology.com/insight/highlights-from-the-70th-annual-aan-meeting-2018-focus-on-spinal-muscular-atrophy/ ). Daraus geht hervor, dass von den evaluierten Patienten letztlich lediglich 20 an SMA erkrankte und mit Nusinersen behandelte Erwachsene im Alter zwischen 18 bis 65 Jahren in der Studie bewertet wurden. Als Schlussfolgerung wurde festgehalten, dass Nusinersen gut toleriert worden sei und sich in mehrfacher Hinsicht Verbesserungstendenzen abzeichnen würden. Daten würden weiterhin gesammelt werden. Die noch vorzulegenden Analysen der klinischen Ergebnisse würden die Wirksamkeit von Nusinersen bei Erwachsenen mit SMA definieren («Results: Natural history was determined in 170 evaluations of 57 untreated adults. Assessments were obtained in 27 individuals desiring nusinersen, 20 of whom were treated. Individuals were not treated due to insurance denial [1], lack of access via routine fluoroscopy [5], and patient choice [1]. Individuals were: 18–65 years old, non-ambulatory [75%], male [57%], requiring day/night ventilatory support [7], and with spinal fusion [8]. Qualitative improvement was frequent [85%]. Baseline measures [median and ranges] included for ambulatory [n=7]: 6MWT [367.9m, 69.2–466.0m], TUG [Timed up and go; 9.9sec, 8.4–44.2sec] and for non-Ambulatory [n=20] RULM [Revised of Upper Limb Module; 12.5, 0–38], PFT [Pulmonary Function Test; 3.05L, 0.28–5.62L]. Conclusions: Nusinersen has been well tolerated and improvement trends are emerging in multiple measures; data continue to be collected. Analyses of clinical outcomes, to be presented, will define nusinersen efficacy for adults with SMA.»; https://n.neurology.org/content/90/ 15_Supplement/S46.001).

    Somit wurden in dieser Studie selbst die Zwischenergebnisse noch nicht analysiert und nicht mit hinreichender, wissenschaftlich überprüfbarer Detaillierung publiziert. Dr. A.___ erklärte zu dieser Studie zutreffend, dass es sich dabei lediglich um eine nicht abgeschlossene klinische Studie handle mit kleiner Probandenzahl (20 behandelte Probanden), mit ausstehender Analyse der klinischen Resultate und - entsprechend dem Studiendesign als Fallstudie («case series») - ohne Kontrollgruppe (Urk. 12/24 S. 1 f.).

    Zu der Feststellung von Prof. Dr. Y.___, dass die Verläufe der behandelten Patienten praktisch durchgehend eine Stabilisierung oder gar Verbesserung der motorischen Funktionen zeigen würden, während unter der Annahme eines natürlichen Verlaufes mit einer Abnahme gerechnet werden müsste (Urk. 12/33 S. 2), verwies dieser denn auch zusätzlich auf «J. Day, personal communication», mithin auf Informationen aus wahrscheinlich nicht veröffentlichten persönlichen Kommentaren respektive persönlicher Kommunikation des Forschers. Es ist damit nicht nachvollziehbar, auf welche Daten sich Prof. Dr. Y.___ bezieht und ob diese veröffentlicht wurden.

    Es handelt sich bei der Studie J. Day et al. in der bisher vorliegenden Form (insbesondere bis zum Erlass des angefochtenen Entscheides vom 28. August 2018) somit ebenfalls nicht um eine klinische Studie von ausreichender Aussage- und Beweiskraft, mit welcher zumindest Zwischenergebnisse hinreichend differenziert publiziert worden sind, so dass über die Wirksamkeit von Spinraza® bei Erwachsenen mit SMA vom Typ II wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen möglich wären und auf Grund derer in den einschlägigen Fachkreisen ein Konsens über einen voraussichtlich therapeutischen Nutzen gebildet werden könnte respektive besteht, der als gross zu beurteilen wäre (vgl. BGE 142 V 325 E. 2.3.2.2).

5.2.3    Mit der von der Beschwerdeführerin eingereichten Studie C. D. Wurster et al., Intrathecal administration of nusinersen in adolescent and adult SMA type 2 and 3 patients, publiziert online im Journal of Neurology am 20. November 2018, wurde unstrittig (Urk. 15 S. 10) insbesondere die Sicherheit und Durchführbarkeit respektive Verträglichkeit der Behandlung mit Nursinersen mittels CT-geführter Lumbalpunktion bei jugendlichen und erwachsenen SMA-Patienten mit komplexen Anatomien und respiratorischer Insuffizienz untersucht und als sicher sowie gut verträglich eruiert (Urk. 16/5 S. 1 und S. 10). Die therapeutische Wirksamkeit wurde damit nicht in erster Linie untersucht. Jedoch wurde angefügt, dass die HFMSE-Scores vor und nach vier Nusinersen-Dosen bewertet worden seien und dass dabei keine bedeutsamen Verbesserungen in den motorischen Funktionen festgestellt worden seien. Des Weiteren wurde festgehalten, dass - in anderen Studien - bei Kindern eine bedeutsame Verbesserung in den motorischen Funktionen sogar bei der Later-Onset-SMA (mithin vom Typ II oder III) festgestellt worden sei, dass es bisher jedoch keine Studie gebe, welche die Wirksamkeit von Nusinersen bei Jugendlichen und Erwachsenen untersuche («Despite focusing on drug administration, we assessed HFMSE scores before and after four doses of nusinersen [loading] and found no significant improvements in motor functions. [...] A significant improvement in motor functions was found in children even with later-onset SMA [10], but, however, there is no study that investigated the efficacy of nusinersen in adolescents or adults so far; Urk. 16/5 S. 10).

    Diese Feststellungen fügen sich ins Bild der bisherigen Erwägungen. Auch diese Studie vermag sodann den Nachweis für einen hohen therapeutischen Nutzen der Anwendung von Spinraza® bei Erwachsenen mit SMA vom Typ II nicht zu erbringen.

    Eine ähnliche Bemerkung findet sich im Übrigen auch in der Hintergrundinformation («Background») der Zusammenfassung («Abstract») zu einer neueren Single-Center-Studie von C. Jing Jing Yeo et. al. (Outcome measures for Nusinersen efficacy in Adults with Spinal Muscular Atrophy; Neurology April 09, 2019; 92 [15 Supplement], S5.008). Dort wurde ausgeführt, Nusinersen verbessere die motorische Funktion und das Überleben bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen mit SMA signifikant, der Behandlungsnutzen bei Erwachsenen sei jedoch ungewiss («Nusinersen significantly improves motor function and survival in infants, children and teenagers with SMA, but treatment benefits in adults are uncertain.»; https://n.neurology.org/content/92/15_Supplement/S5.008).

5.2.4    Keinen anderen Schluss lässt die von der Beschwerdeführerin nachgereichte Studie von M.C. Walter et al., Safety and Treatment Effects of Nusinersen in Longstanding Adult 5q-SMA Typ 3 - A Prospective Observational Study, publiziert im Journal of Neuromuscular Diseases 2019 (Urk. 49/3), zum hohen therapeutischen Nutzen der Anwendung von Spinraza® bei Erwachsenen mit SMA vom Typ II zu. In dieser Studie wurden die Sicherheits- und Behandlungseffekte von Nusinersen bei Erwachsenen mit langjähriger Erkrankung an 5q-SMA vom Typ III untersucht. Es wurden 19 Patienten in die Studie eingeschlossen, wobei 17 von ihnen den Beobachtungszeitraum von 10 Monaten (300 Tage) abgeschlossen haben. Die Patienten waren zwischen 18 und 59 Jahre alt und hatten eine Krankheitsdauer zwischen 6 und 53 Jahren (Urk. 49/3 S. 453 f.).

    Wie der Vertrauensarzt Dr. C.___ in seiner Stellungnahme vom 29. Januar 2020 (Urk. 53 S. 4) hierzu zutreffend ausführte, betrifft diese Studie die SMA-Erkrankung vom Typ III, wogegen die Beschwerdeführerin am Typ II erkrankt ist. Da damit eine andere Ausgangslage gegeben ist, können die Ergebnisse der Studie M.C. Walter et al. nicht auf die Situation der Beschwerdeführerin übertragen werden respektive wären bei SMA-Erkrankten vom Typ II andere Ergebnisse zu erwarten, wie Dr. C.___ nachvollziehbar erklärte.

    Er führte dazu korrekt aus, dass der Erkrankungsbeginn beim SMA-Typ III später als beim Typ II sei und es seien gegenüber den anderen Typen der SMA mehr Männer als Frauen betroffen (vgl. auch Urk. 49/3 S. 456: «Twelve [63%] patients were male, seven [37%] female»). In der Studie sei der Erkrankungsbeginn bei vier Patienten mit drei Kopien von SMN2 bei durchschnittlich acht Jahren und beim Vorliegen von vier SMN2 Kopien bei durchschnittlich 11.5 Jahren (vgl. Tabele 1, Patient’s demographics; Urk. 49/3 S. 456). Zudem unterscheide sich der SMA-Typ III deutlich in der klinischen Auswirkung; so sei ein freier Gang und Stand möglich, die Krankheit habe einen milden Verlauf und die Lebenserwartung sei nicht deutlich reduziert. Schon deswegen könne aus den klinischen Behandlungsresultaten bei den vom Typ III Betroffenen nicht auf (theoretische) Resultate der Behandelten geschlossen werden, die einen Typ II aufweisen würden. Dem ist zuzustimmen.

    Zu den Resultaten der Studie führte Dr. C.___ zudem schlüssig aus, wegen dieser milderen Verlaufsform hätten in der Studie unter anderem die Parameter 6-Minuten-Gehtest (6MWT), RULM (Revised of Upper Limp Model) und Peak cough flow (PFC, maximaler Luftfluss beim Husten) überhaupt gemessen werden können, die alle bei der Beschwerdeführerin wegen ihrer Tetraparese und Dauerbeatmung nicht (6MWT, PFC) respektive nur rudimentär (RULM) hätten erfasst werden können. Genau diese drei Parameter aber seien die einzigen gewesen, für die in der 10-monatigen Beobachtungsdauer bei 17 Patienten eine statistisch signifikante Verbesserung erfassbar gewesen sei. Die statistisch signifikanten Verbesserungen beim 6-Minuten-Gehtest und beim RULM-Test seien überdies klinisch unbedeutend ausgefallen, wie dass auch die Autoren bezüglich der Resultate dieser beiden Tests festgestellt hätten («with negligible effect size»). Für die Verbesserung beim PCF hätten die Autoren eine bescheidene oder mässige klinische Verbesserung festgestellt («moderate effect size»; vgl. Urk. 49/3 S. 459 f.; vgl. zu den Resultaten auch: Urk. 49/3 S. 454 und S. 457). Dr. C.___ schloss sodann nachvollziehbar darauf, damit sei für die Behandlung mit Spinraza® von erwachsenen Patienten mit SMA vom Typ III kein grosser therapeutischer Nutzen ausgewiesen worden (Urk. 53 S. 4 f.). Auch dieser Feststellung kann ohne Weiteres gefolgt werden.

    Folglich sind auch die Ergebnisse der Studie von M.C. Walter et al., Safety and Treatment Effects of Nusinersen in Longstanding Adult 5q-SMA Typ 3 - A Prospective Observational Study, nicht dazu geeignet, um den Nachweis für einen hohen therapeutischen Nutzen der Anwendung von Spinraza® bei Erwachsenen mit SMA vom Typ II zu erbringen.

5.3    Nach dem Gesagten lagen im hier massgeblichen Überprüfungszeitraum bis zum Erlass des angefochtenen Einspracheentscheids vom 28. August 2018 (Urk. 2) keine Studien oder anderweitig veröffentlichte und nachprüfbare wissenschaftliche Erkenntnisse vor, welche den Schluss zulassen, dass von der Anwendung von Spinraza® bei Erwachsenen mit SMA vom Typ II ein hoher therapeutischer Nutzen zu erwarten ist.

5.4

5.4.1    Daran ändert nichts, dass Prof. Dr. Y.___ darauf hinwies, dass weltweit an vielen Zentren auch Erwachsene mit SMA mit Spinraza® behandelt würden und aufgrund der Wirkungsweise dieses Arzneimittels erwartet werden könne, dass sich unter der Voraussetzung des Vorhandenseins von mindestens zwei SMN2-Genkopien eine Verbesserung der SMN1-Funktion erreicht werden könne (Urk. 12/22 S. 2). Zwar steht fest, dass mit Spinraza® aufgrund seiner Funktionsweise die Menge an vollständigem und funktionsfähigem SMN-Protein bei SMA-Patienten - insbesondere auch bei solchen mit mehr als einer SMN2-Genkopie wie bei der Beschwerdeführerin mit drei SMN2-Genkopien - potenziell erhöht werden kann (Urk. 12/16 S. 1; vgl.  Biogen Presseinformation zu Spinraza®, S. 3 «Über Spinraza® [Nusinersen]», https://www.initiative-sma.de/wp-content/uploads/2017/06/PM-Biogen-Zulassung-Spinraza.pdf). Jedoch selbst wenn diese Funktionsweise des Arzneimittels eine positive Wirkung grundsätzlich auch bei Erwachsenen ermöglicht, ist damit nicht bereits erwiesen, dass sich dies in einem gleichgrossen oder grösseren therapeutischen Nutzen wie bei Kindern manifestiert. Es ist insbesondere mangels hinreichender (publizierter) wissenschaftlicher Erkenntnisgrundlage nicht bereits mit dem hier entscheidenden Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit darauf zu schliessen, dass von der Anwendung von Spinraza® bei Erwachsenen mit SMA vom Typ II ein hoher therapeutischer Nutzen zu erwarten ist.

    Prof. Dr. Y.___ kam denn auch lediglich zum Schluss, dass eine hinreichende wissenschaftliche Evidenz für einen möglichen grossen therapeutischen Nutzen durch die vorgesehene Behandlung gegeben sei (Urk. 12/22 S. 3). Die blosse Möglichkeit genügt indes nicht. Mit einem hohen Nutzen muss aufgrund der konkreten Umstände ernsthaft gerechnet werden können (vgl. Urteil des Bundesgerichts 8C_523/2016 vom 27. Oktober 2016 E. 5.2.1; Eugster, a.a.O., Art. 25 Rz 44).

5.4.2    Letztlich trifft somit auch die Aussage von Dr. A.___ zu, dass aktuell keine wissenschaftliche Evidenz für einen hohen therapeutischen Nutzen bei der Behandlung mit Spinraza® bei Erwachsenen mit SMA vom Typ II existiere (Urk. 12/19 S. 5, Urk. 21/30 S. 2).

    Dem Einwand der Beschwerdeführerin, dass auf die vertrauensärztliche Beurteilung von Dr. A.___ nicht abgestellt werden könne, da er als Allgemeinpraktiker nicht über die notwendige fachliche Qualifikation, namentlich eines Neurologen, für eine spezialärztliche Expertise verfüge (Urk. 1 S. 7, Urk. 15 S. 5), kann hier nicht gefolgt werden. Denn der Umstand, dass keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz für einen hohen therapeutischen Nutzen bei der Behandlung mit Spinraza® bei Erwachsenen mit SMA vom Typ II besteht, ergibt sich im Wesentlichen unmittelbar aus der wie hiervor ausgeführten Analyse der vorliegenden Studienlage und des Berichts von Prof. Dr. Y.___ (Urk. 12/22) im Sinne einer Beweiswürdigung. Von einer spezialärztlichen Expertise (Urk. 1 S. 8, Urk. 15 S. 7) und auch von einer Auskunft über die Tätigkeit von Dr. A.___ beim SGV sowie beim Bundesamt für Gesundheit (BAG; Urk. 11 S. 7) sind keine neuen entscheidwesentlichen Aufschlüsse zu erwarten, weshalb davon abzusehen ist (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3; Urteil des Bundesgerichts 9C_546/2017 vom 30. April 2018 E. 3.2.2.2).

5.4.3    Aus den aufgeführten Einzelfällen von mit Spinraza® behandelten erwachsenen SMA-Patienten im In- und Ausland (Urk. 15 S. 3 ff., Urk. 24 S. 4 ff., Urk. 30 S. 3) sowie den diesbezüglichen Berichten zu Kraftentwicklung, Mobilität, Lungenfunktion (Urk. 16/1-3, Urk. 25/3, Urk. 31/3) sowie zum Behandlungsverlauf (Urk. 25/1-3) vermag die Beschwerdeführerin bei gegebener Ausgangslage ebenfalls nichts zu ihren Gunsten abzuleiten. Denn diese vermögen nicht den - wie hiervor ausgeführt - fehlenden Nachweis eines hohen therapeutischen Nutzens von Spinraza® in der Anwendung bei Erwachsenen mit SMA vom Typ II mittels veröffentlichter wissenschaftlicher Erkenntnisse zu ersetzen. Insbesondere liegt auch von PD Dr. med. F.___ vom Universitätsklinikum G.___ über dessen Behandlung von - gemäss den Ausführungen der Beschwerdeführerin (Urk. 15 S. 4 f., Urk. 24 S. 4) - zirka 20 an SMA vom Typ II und III erkrankten Patienten kein wissenschaftlicher Evidenzbericht vor.

    Ferner sind auch die Vorbringen (Urk. 36) und der Bericht der Beschwerdeführerin zu ihrer eigenen Behandlung und ihren Erfahrungen mit Spinraza® ab Mai 2019 (Urk. 37) nach dem Gesagten nicht zielführend. Da aufgrund des unzureichenden wissenschaftlichen Nachweises ein hoher therapeutischer Nutzen bereits in allgemeiner Weise zu verneinen ist, kann offen bleiben und ist nicht relevant, ob im konkreten Einzelfall die Behandlung der SMA bei der Beschwerdeführerin von hohem therapeutischen Nutzen war respektive ist. Eine Einzelfallbeurteilung mit dem Hinweis darauf, dass das fragliche Präparat Wirkung gezeigt habe, genügt nicht. Denn auch hier gilt, dass die Wirksamkeit im Einzelfall allein den allgemeinen Nachweis aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse rechtsprechungsgemäss nicht zu ersetzen vermag (BGE 136 V 395 E. 6.5, 142 V 325 E. 2.3.2.2).

5.5

5.5.1    Auch sämtliche weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin führen zu keiner anderen Betrachtungsweise. Namentlich ist aus dem Umstand, dass das BSV im Rundschreiben Nr. 373 vom 11. April 2018 erklärt hat, dass die Invalidenversicherung die Kosten für die Behandlung von SMA-Patienten mit Typ I, II und III (zum Publikumspreis von Fr. 92'778.50 pro Flasche, 12mb/5ml), welche im ersten Jahr 6 Injektionen und ab dem folgenden Jahr 3 Injektionen umfasse, übernehme (Urk. 12/16), entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin (Urk. 1 S. 11, Urk. 15 S. 8 f., Urk. 24 S. 9 f.) nicht ein hoher therapeutischer Nutzen auch bei Erwachsenen mit SMA vom Typ II nach Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV abzuleiten. Denn wie die Beschwerdegegnerin in der Beschwerdeantwort zutreffend ausführte (Urk. 11 S. 13), betrifft die Kostenübernahme der Invalidenversicherung entsprechend der dort massgeblichen gesetzlichen Grundlage (Art. 13 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung, IVG, und Ziff. 383 des Anhangs zur Verordnung über Geburtsgebrechen, GgV) lediglich die Vergütung bis zum vollendeten 20. Lebensjahr. Auch wenn damit aus (anderen) invalidenversicherungsrechtlichen Überlegungen des Gesetzgebers bei Festsetzung dieser Altersgrenze die gesetzliche Volljährigkeit (seit 1996) von 18 Jahren gemäss Art. 20 des Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) um zwei Jahre überschritten wird, wird dadurch keine Grundlage für einen Leistungsanspruch in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung begründet. Mithin kann daraus nicht ein Anspruch auf Kostenvergütung für die Behandlung Erwachsener mit SMA vom Typ II respektive der (zum Entscheidzeitpunkt) 30-jährigen Beschwerdeführerin durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung nach KVG abgeleitet werden. Denn dies ändert nichts an der hier massgeblichen Beweislage und mithin daran, dass die Wirksamkeit fast ausschliesslich bei Kindern und Jugendlichen systematisch untersucht und wissenschaftlich dokumentiert wurde sowie dass die wissenschaftliche Evidenzlage sich hauptsächlich auf Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre (bei Studienbeginn; vgl. ENDEAR-/CHERISH-Studien, Studien von C. A. Chiriboga et al., B. T. Darras et al.; E. 4 und E. 5.1 hiervor) bezieht. Hinzu kommt, dass sich aus dem IV-Rundschreiben Nr. 373 nicht ergibt, auf welche Studien und Datenlage sich das BSV bei seinem Entscheid stützte. Es liegt aber nahe, dass die wissenschaftliche Datenlage bezüglich der Wirksamkeit von Nusinersen bei Erwachsenen nicht ausschlaggebend war und die Kostenübernahme gemäss Art. 13 IVG sich an der Datenlage bei Kindern und Jugendlichen orientierte. Des Weiteren wurde das Arzneimittel Spinraza in die Geburtsgebrechenmedikamentenliste (GGML) noch nicht aufgenommen (vgl. http://www.speziali tätenliste.ch/ ); ferner liegt kein Fall nach Art. 52 Abs. 2 KVG und Art. 35 KVV vor, wonach die obligatorische Krankenpflegeversicherung die bisher von der Invalidenversicherung bis zum vollendeten 20. Altersjahr vergüteten Kosten für ein Arzneimittel übernimmt, welches eine versicherte Person ab diesem Zeitpunkt weiterhin benötigt. Das Gericht ist im Übrigen an Verwaltungsweisungen des BSV nicht gebunden.

5.5.2    Des Weiteren liegt entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin auch keine Diskriminierung (Art. 8 Abs. 2 BV [Diskriminierungsverbot]; BGE 138 I 265 E. 4.2; sowie Art. 14 EMRK) oder eine Verletzung des allgemeinen Rechtsgleichheitsgebotes, namentlich durch ungleiche Behandlung in der Rechtsanwendung (Art. 8 Abs. 1 BV; BGE 125 I 166 E. 2a, 122 I 343 E. 4a), darin begründet, dass die Behandlungen von (mindestens) zehn Jahre jüngeren SMA-Patienten mit Spinraza® über die Invalidenversicherung finanziert werden. Zum einen ist klarzustellen, dass eine solche Leistung der Invalidenversicherung mit vollendetem 20. Altersjahr eingestellt wird. Damit ist bereits hinsichtlich der Frage der Verteilungsgerechtigkeit staatlich administrierter Güter (vgl. dazu BGE 136 V 395 E. 7.7) in der Invalidenversicherung eine andere Ausgangslage gegeben als in der Krankenversicherung, wo grundsätzlich eine Vergütung der Kosten für eine lebenslängliche Behandlung in Betracht fällt. Zum anderen liegt eine rechtsungleiche Behandlung rechtsprechungsgemäss grundsätzlich nur dann vor, wenn dieselbe Behörde gleichartige Fälle unterschiedlich beurteilt (BGE 115 Ia 81 E. 3c, 138 I 321 E. 5.3.6), und somit nicht auch dann, wenn - wie hier - unterschiedliche Behörden aufgrund unterschiedlicher gesetzlicher Grundlagen zu anderen Entscheidungen in (nur teilweise) ähnlich gelagerten Fällen gelangen. Des Weiteren sind rechtsprechungsgemäss altersbezogene Differenzierungen eher zu rechtfertigen als die übrigen in Art. 8 Abs. 2 BV genannten Kriterien, indem sich dieser atypische Diskriminierungstatbestand dem allgemeinen Gleichheitssatz von Art. 8 Abs. 1 BV nähert (BGE 138 I 265 E. 4.3). Im vorliegenden Fall unterscheidet sich die wissenschaftliche Beweissituation zur Frage des therapeutisch hohen Nutzens respektive der Wirksamkeit von Spinraza® bei der Behandlung von SMA vom Typ II in Bezug auf junge SMA-Erkrankte mit dem Beginn der Behandlung in jungen Jahren einerseits und in Bezug auf ältere SMA-Erkrankte in späteren Jahren andererseits, so dass eine einheitliche Behandlung der Frage derzeit nicht geboten ist. Eine altersbezogene Differenzierung ist daher auch sachlich begründet. Ob die Differenzierung - in Bezug auf die Leistungspflicht der obligatorischen Krankenpflegeversicherung - ab dem Alter von 15 Jahren oder ab dem vollendeten 20. Altersjahr sachlich gerechtfertigt ist, muss hier nicht entschieden werde. Denn die Beschwerdeführerin ist bereits deutlich älter und für ihr Alter fehlt es jedenfalls - wie hiervor ausgeführt - an einer genügenden wissenschaftlichen Evidenzgrundlage für die Wirksamkeit des Arzneimittels.

    Es liegt auch keine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebotes respektive des Anspruchs auf Gleichbehandlung nach Art. 8 Abs. 1 BV durch eine ungleiche Behandlung durch die schweizerischen Behörden der obligatorischen Krankenpflegeversicherung von SMA- und Krebspatienten vor. Wie gesagt ist eine rechtsungleiche Behandlung rechtsprechungsgemäss grundsätzlich nur dann gegeben, wenn die nämliche Behörde gleichartige Fälle ohne sachlichen Grund unterschiedlich beurteilt hat (BGE 115 Ia 81 E. 3c, 138 I 321 E. 5.3.6). Schon deshalb vermag die Verallgemeinerung der Beschwerdeführerin hierzu keine Grundrechtsverletzung zu begründen. Ausserdem entbehrt auch die Behauptung, dass im onkologischen Bereich zugelassene, aber nicht auf der Spezialitätenliste figurierende Medikamente mit wesentlich geringerem klinischem Effekt weit mehr über die obligatorische Krankenversicherung finanziert würden als da Arzneimittel Spinraza®, einer Grundlage, zumal ein klinisch bestimmter Effekt durch die Nusinersen-Behandlung von Erwachsenen mit SMA vom Typ II mangels ausreichender publizierter wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht feststeht.

    Schliesslich ist auch eine Verletzung von Art. 3 und 8 EMRK (Verbot der Folter; Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) wegen angeblicher unmenschlicher Behandlung durch die Verweigerung der Kostenübernahme nicht auszumachen und nach dem Gesagten jedenfalls zu verneinen.

5.6    

5.6.1    Im Ergebnis bleibt es dabei, dass im hier massgeblichen Überprüfungszeitraum bis zum Erlass des angefochtenen Einspracheentscheids vom 28. August 2018 (Urk. 2) ein grosser therapeutischer Nutzen im Sinne von Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV (in Verbindung mit Art. 71b Abs. 1 KVV) durch den Einsatz von Spinraza® gegen die SMA der Beschwerdeführerin vom Typ II nicht zu erwarten ist.

    An diesem Ergebnis vermögen sämtliche weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin nichts zu ändern. Auch von weiteren Beweismassnahmen, namentlich von den beantragten Zeugeneinvernahmen und Editionen (Urk. 15 S. 4 ff., Urk. 24 S. 5, Urk. 30 S. 3), ist nach dem Gesagten abzusehen, weil davon keine anderen entscheidrelevanten Erkenntnisse zu erwarten sind (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3; Urteil des Bundesgerichts 9C_546/2017 vom 30. April 2018 E. 3.2.2.2).

5.6.2    Die Beschwerdegegnerin verneinte mit Einspracheentscheid vom 28. August 2018 (Urk. 2) somit zu Recht ihre Leistungspflicht für die Behandlung der Beschwerdeführerin mit Spinraza® (Nusinersen). Die Beschwerde ist folglich abzuweisen.



Das Gericht erkennt:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    Das Verfahren ist kostenlos.

3.    Zustellung gegen Empfangsschein an:

- Rechtsanwalt Michael Grimmer

- Visana AG

- Bundesamt für Gesundheit

4.    Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Zustellung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 82 ff. in Verbindung mit Art. 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht, BGG). Die Frist steht während folgender Zeiten still: vom siebten Tag vor Ostern bis und mit dem siebten Tag nach Ostern, vom 15. Juli bis und mit 15. August sowie vom 18. Dezember bis und mit dem 2. Januar (Art. 46 BGG).

    Die Beschwerdeschrift ist dem Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, zuzustellen.

    Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten; der angefochtene Entscheid sowie die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat (Art. 42 BGG).



Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich


Die VorsitzendeDie Gerichtsschreiberin




FehrHartmann