Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
Entscheid: IV.2023.00649 [Rechtsmittel hängig]

Sozialversicherungsgericht

des Kantons Zürich

IV.2023.00649


V. Kammer

Sozialversicherungsrichterin Philipp, Vorsitzende
Sozialversicherungsrichter Kübler
Ersatzrichterin Curiger
Gerichtsschreiberin Muraro

Urteil vom 15. Mai 2024

in Sachen

X.___

Beschwerdeführer


vertreten durch Protekta Rechtsschutz-Versicherung AG

Direktion Bern, Rechtsanwältin Angelika Cueni

Monbijoustrasse 5, Postfach, 3011 Bern


gegen


Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, IV-Stelle

Röntgenstrasse 17, Postfach, 8087 Zürich

Beschwerdegegnerin




Sachverhalt:

1.    Der 1991 geborene X.___ meldete sich am 26. August 2021 (Eingangsdatum) unter Hinweis auf extreme Schmerzen in verschiedenen Bereichen des Körpers bei der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, IV-Stelle, zum Leistungsbezug an (Urk. 7/1). Diese tätigte medizinische sowie erwerbliche Abklärungen und zog die Akten der zuständigen Krankentaggeldversicherung bei (Urk. 7/8, 7/16, 7/18, 7/21). Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren verneinte sie mit Verfügung vom 1. November 2023 einen Anspruch des Versicherten auf eine Invalidenrente (Urk. 2 [= 7/50]).


2.    Dagegen erhob X.___ mit Eingabe vom 30. November 2023 Beschwerde beim hiesigen Sozialversicherungsgericht und beantragte, es seien ihm berufliche Massnahmen zu gewähren. Eventualiter sei ihm eine Invalidenrente auszurichten, subeventualiter sei vom Gericht ein externes medizinisches Gutachten einzuholen (Urk. 1 S. 2).

    Mit Beschwerdeantwort vom 22. Januar 2024 schloss die IV-Stelle auf Abweisung der Beschwerde (Urk. 6), was dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom 23. Januar 2024 angezeigt wurde (Urk. 8).



Das Gericht zieht in Erwägung:

1.    

1.1    Am 1. Januar 2022 sind die geänderten Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG), der Verordnung über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSV), des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG) sowie der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV) in Kraft getreten. Die angefochtene Verfügung erging nach dem 1. Januar 2022. Entsprechend den allgemeinen intertemporalrechtlichen Grundsätzen (vgl. BGE 144 V 210 E. 4.3.1) ist nach der bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Rechtslage zu beurteilen, ob bis zu diesem Zeitpunkt ein Rentenanspruch entstanden ist. Steht ein erst nach dem 1. Januar 2022 entstandener Rentenanspruch zur Diskussion, findet darauf das seit diesem Zeitpunkt geltende Recht Anwendung (vgl. Urteil des Bundesgerichts 9C_452/2023 vom 24. Januar 2024 E. 3.2.1 mit Hinweisen).

    Auf Grund der im August 2021 anhängig gemachten IV-Anmeldung könnten allfällige Leistungen frühestens ab Februar 2022 ausgerichtet werden (vgl. Art. 29 Abs. 1 IVG). In dieser übergangsrechtlichen Konstellation ist die seit 1. Januar 2022 geltende Rechtslage massgebend, die im Folgenden soweit nichts anderes vermerkt ist jeweils in dieser Version wiedergegeben, zitiert und angewendet wird.

1.2    Invalidität ist die voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde ganze oder teilweise Erwerbsunfähigkeit (Art. 8 Abs. 1 ATSG). Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 7 Abs. 1 ATSG). Für die Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsunfähigkeit sind ausschliesslich die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Eine Erwerbsunfähigkeit liegt zudem nur vor, wenn sie aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist (Art. 7 Abs. 2 ATSG).

1.3    Anspruch auf eine Rente haben gemäss Art. 28 Abs. 1 IVG Versicherte, die:

a.    ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können;

b.    während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 % arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG) gewesen sind; und

c.    nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 % invalid (Art. 8 ATSG) sind.

    Eine Rente nach Abs. 1 wird nicht zugesprochen, solange die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Art. 8 Abs. 1bis und 1ter nicht ausgeschöpft sind (Art. 28 Abs. 1bis IVG). Gemäss Art. 28b Abs. 1 IVG wird die Höhe des Rentenanspruchs in prozentualen Anteilen an einer ganzen Rente festgelegt. Bei einem Invaliditätsgrad von 50-69 % entspricht der prozentuale Anteil dem Invaliditätsgrad (Abs. 2). Bei einem Invaliditätsgrad ab 70 % besteht Anspruch auf eine ganze Rente (Abs. 3). Bei einem Invaliditätsgrad von 40-50 % gelten prozentuale Anteile zwischen 25 % und 47,5 % (Abs. 4).

1.4    Versicherungsträger und das Sozialversicherungsgericht haben die Beweise frei, das heisst ohne Bindung an förmliche Beweisregeln, sowie umfassend und pflichtgemäss zu würdigen. Für das Beschwerdeverfahren bedeutet dies, dass das Sozialversicherungsgericht alle Beweismittel, unabhängig davon, von wem sie stammen, objektiv zu prüfen und danach zu entscheiden hat, ob die verfügbaren Unterlagen eine zuverlässige Beurteilung des streitigen Rechtsanspruches gestatten. Insbesondere darf es bei einander widersprechenden medizinischen Berichten den Prozess nicht erledigen, ohne das gesamte Beweismaterial zu würdigen und die Gründe anzugeben, warum es auf die eine und nicht auf die andere medizinische These abstellt (BGE 125 V 351 E. 3a).

    Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes ist entscheidend, ob er für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge und Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen des Experten begründet sind. Zudem muss der Arzt über die notwendigen fachlichen Qualifikationen verfügen. Ausschlaggebend für den Beweiswert ist grundsätzlich weder die Herkunft eines Beweismittels noch die Bezeichnung der eingereichten oder in Auftrag gegebenen Stellungnahme als Bericht oder Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1, 125 V 351 E. 3a; Urteil des Bundesgerichts 8C_225/2021 vom 10. Juni 2021 E. 3.2, je m.w.H.).

1.5    Den Berichten und Gutachten versicherungsinterner Ärztinnen und Ärzte kommt nach der Rechtsprechung Beweiswert zu, sofern sie als schlüssig erscheinen, nachvollziehbar begründet sowie in sich widerspruchsfrei sind und keine Indizien gegen ihre Zuverlässigkeit bestehen (BGE 134 V 231 E. 5.1 mit Hinweis auf BGE 125 V 351 E. 3b/ee). Trotz dieser grundsätzlichen Beweiseignung kommt den Berichten versicherungsinterner medizinischer Fachpersonen praxisgemäss nicht dieselbe Beweiskraft zu wie einem gerichtlichen oder im Verfahren nach Art. 44 ATSG vom Versicherungsträger veranlassten Gutachten unabhängiger Sachverständiger. Soll ein Versicherungsfall ohne Einholung eines externen Gutachtens entschieden werden, so sind an die Beweiswürdigung strenge Anforderungen zu stellen. Bestehen auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der versicherungsinternen ärztlichen Feststellungen, so sind ergänzende Abklärungen vorzunehmen (BGE 142 V 58 E. 5.1; 139 V 225 E. 5.2; 135 V 465 E. 4.4 und E. 4.7).


2.    

2.1    Im angefochtenen Entscheid wurde erwogen, die medizinischen Abklärungen hätte gezeigt, dass der Versicherte unter keinen erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen leide, die sich längerdauernd auf seine Arbeitsfähigkeit auswirken würden. Er sei zu 80 % arbeitsfähig und könne ein rentenausschliessendes Einkommen erwirtschaften (Urk. 2).

2.2    Demgegenüber macht der Beschwerdeführer sinngemäss geltend, er sei aufgrund psychiatrischer und rheumatologischer Beschwerden in seiner Arbeitsfähigkeit zu mindestens 50 % eingeschränkt. Daher habe er Anspruch auf berufliche Massnahmen respektive auf eine Rente (Urk. 1).


3.    

3.1    Im Bericht vom 22. April 2021 der Klinik Y.___ hielt der behandelnde Arzt fest, der Patient klage über seit fünf bis sechs Jahren zunehmende Schmerzen am Bewegungsapparat. Es sei die Diagnose einer Fibromyalgie gestellt worden (Urk. 7/8 S. 9).

    Die Unterschenkel seien gegenüber den Oberschenkeln ausgeprägt schmal, die Beweglichkeit der Lenden- und Halswirbelsäule sei in allen Ebenen uneingeschränkt. Die Schultergelenke seien überbeweglich. Arthritiden und Schwellungen lägen nicht vor. Neurologisch seien die Extremitäten unauffällig, die Kraft- und Oberflächensensibilität sei seitengleich normal vorhanden (Urk. 7/8 S. 9).

    Am 13. August 2021 führte er aus, der Versicherte sei aufgrund von Schmerzen unklarer Ätiologie am Bewegungsapparat seit einigen Monaten bei ihm in Behandlung. Die Arbeitsunfähigkeit sei bisher nie beziffert worden. Er gehe davon aus, dass der Versicherte in einer adaptierten Arbeit eine Teilarbeitsfähigkeit von mindestens 66 % eines Vollpensums ausführen könne (Urk. 7/8 S. 15).

3.2    Am 7. Mai 2021 berichtete der behandelnde Psychiater, Dr. med. Z.___, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, dass sich der Versicherte seit November 2013 in seiner Behandlung befinde. Er habe damals an einer mittelschweren depressiven Erkrankung gelitten, die bis im Frühling 2016 vollständig remittiert sei. Danach sei der Patient lange beschwerdefrei gewesen. Im Februar 2021 sei er nun wiederum in sehr schlechter Verfassung und depressiv vorstellig geworden. Es handle sich wohl um eine (auf dem Hintergrund körperlicher Erkrankungen) stressbedingte Erkrankung, die bereits derart stark sei, dass die Leistungsfähigkeit fast vollständig dekompensiert sei. Mit Hilfe der wöchentlichen Gesprächstherapie und der leicht sedierenden Medikation habe das Stresslevel gesenkt werden können. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Patient im Laufe der nächsten vier Monate den beruflichen Wiedereinstieg angehen könne. Als Diagnose nannte Dr. Z.___ eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode (ICD-10: F33.1, Urk. 7/8 S. 28).

3.3    Am 22. Dezember 2021 hielt Dr. Z.___ fest, der Versicherte leide weiterhin unter starken Schmerzen des Bewegungsapparates, die ihn in seiner Leistungsfähigkeit stark einschränken würden. Trotz wöchentlichen Gesprächsterminen leide er noch immer an mittelgradigen Depressionen. Da eine Verknüpfung von körperlichen und psychischen Erkrankungen vorliege, sei er weiterhin nicht belastbar und vollständig arbeitsunfähig (Urk. 7/16 S. 35-36).

3.4    Im Bericht der A.___ AG vom 10. Mai 2022, welcher zu Händen der Krankentaggeldversicherung erstellt wurde, wurde als Diagnose mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit ein chronisches generalisiertes Schmerzsyndrom genannt. Ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit wurden ein Morbus Crohn, ein Status nach beidseitigen, parazentralen Lungenembolien wahrscheinlich im Rahmen eines Anabolika-Abusus sowie Senk-Spreizfüsse beidseits aufgeführt (Urk. 7/18 S. 9).

    Die Gutachter hielten fest, der Versicherte klage über Schmerzen im Bereich der Füsse, unter Gelenksschmerzen im Bereich der Sprunggelenke, der Knie, der Hüfte, der Schulter, der Ellbogen sowie auch der Hände inklusive Finger und des Nackens. Hinzu kämen muskuläre Schmerzen und eine vermehrte Müdigkeit, weshalb er nun seinem Hobby, dem Fitnesstraining, nicht mehr nachgehen könne. Jegliche Belastung verursache Dauerschmerzen und einen Muskelkater während 20-30 Tagen, was früher nicht so gewesen sei (Urk. 7/18 S. 9).

    Objektiv sei bei der klinischen Untersuchung eine starke Empfindlichkeit bei Palpation der Tenderpoints und der Muskulatur sowie im Bereich der grossen Gelenke eruiert worden. Bei der Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit bei ausgeweitetem Schmerzverhalten, erheblicher Symptomausweitung, nicht zuverlässiger Leistungsbereitschaft und schlechter Konsistenz habe sich der Versicherte teilweise nur unter der Minimalen Performance belasten lassen. Infolge der beobachteten erheblichen Symptomausweitung könnten die Resultate der Belastbarkeitstests für die Beurteilung nicht verwertet werden. Die Beurteilung müsse ärztlich-medizinisch erfolgen (Urk. 7/19 S. 9-10).

    Zur Arbeitsfähigkeit hielten die Gutachter fest, in der angestammten Tätigkeit als Finanzberater sei der Versicherte aus rheumatologisch-orthopädischer und rein körperlicher Sicht in der Lage, ganztags zu arbeiten. Dies jedoch nur, wenn die Möglichkeit bestehe, zwischen gehender und stehender Position zu wechseln oder zusätzliche Pausen von mindestens 2 Stunden über den Tag verteilt einzulegen. Die Arbeitsfähigkeit betrage daher 80 % (Urk. 7/18 S. 11).

    In angepasster, leichter bis mittelschwerer, wechselpositionierender Tätigkeit sei der Versicherte zu 100 % arbeitsfähig (Urk. 7/18 S. 11).

3.5    Am 6. Mai 2022 wurde der Versicherte im Auftrag der zuständigen Krankentaggeldversicherung psychiatrisch-psychopathologisch und verhaltensneurologisch-leistungspsychologisch untersucht. Die untersuchenden Fachpersonen kamen zum Schluss, dass aktuell medizinisch-theoretisch eine vollständige Einschränkung des arbeitsbezogenen Funktionspotenzials vorliege. Die veranschlagte berufliche Leistungslimitierung sei aus rein verhaltensneurologisch-leistungspsychologischer Sicht als passager einzustufen. Es sei von einer weiteren Erholung der kognitiven Leistungsfähigkeit aus neuropsychologischer Sicht innerhalb der nächsten 10 bis 12 Wochen auszugehen. Es werde eine Reevaluation in 2 bis 3 Monaten empfohlen (Urk. 7/21 S. 1-15).

3.6    Am 17. Februar 2023 nahm Dr. med. B.___, Facharzt für Rheumatologie, Physikalische Medizin und Rehabilitation und Innere Medizin FMH, vom Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD), Stellung. Er hielt fest, in vielen somatisch-spezialärztlichen Berichten werde keine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Der Versicherte leide seit 2013 an einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig leichtgradige Episode. Ihm werde ein geregelter Tagesablauf mit leichter Arbeitstätigkeit als therapeutisch empfohlen. Es könne auf die gutachterliche Stellungnahme (insbesondere des A.___) vom Sommer 2022 abgestellt werden. Damit sei von einer vollen Arbeitsfähigkeit in angepasster Tätigkeit und von einer 80%igen Arbeitsfähigkeit in angestammter Tätigkeit auszugehen (Urk. 7/36 S. 7).

3.7    Nachdem der behandelnde Psychiater, Dr. Z.___, im Rahmen des Einwandverfahrens einen weiteren Bericht aufgelegt hatte (Urk. 7/47), nahm die RAD-Ärztin Dr. med. C.___, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie am 14. September 2023 Stellung (Urk. 7/49 S. 3 ff.).

    Dr. C.___ führte aus, die medizinischen Unterlagen würden nicht auf das Vorliegen einer schweren psychiatrischen Störung beim Versicherten schliessen lassen. Die Leistungseinschränkungen würden vom behandelnden Psychiater aus den belastenden somatischen Erkrankungen abgeleitet. Die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10: F43.1) könne trotz der erlittenen Traumatisierungen nicht gestellt werden, da dafür die erforderliche Symptomatik fehle. Auch eine depressive Episode im Sinne von ICD-10: F33 könne anhand der objektiven Befunde nicht abgeleitet werden. Die neuropsychologisch festgestellten leichten bis mittelgradigen Einschränkungen hätten sich bereits gebessert und würden als passager eingeschätzt, weshalb aus psychiatrischer Sicht kein dauerhafter Gesundheitsschaden vorliege (Urk. 7/49 S. 6).


4.    Die IV-Stelle stützte sich bei ihrem Entscheid auf das A.___-Gutachten sowie die Einschätzung der RAD-Ärzte und ging von einer 80%igen Arbeitsfähigkeit aus. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, es rechtfertige sich nicht, auf das A.___-Gutachten abzustellen. Es sei im Rahmen der psychiatrisch-psychopathologischen sowie verhaltensleistungspsychologischen Untersuchung festgestellt worden, dass sich keinerlei Inkonsistenzen ergeben hätten und der Versicherte ein optimales Leistungsverhalten gezeigt habe, was im krassen Widerspruch dazu stehe, dass die A.___-Gutachter von einer Selbstlimitierung ausgegangen seien (Urk. 1 S. 4 f.).

    Das A.___-Gutachten beruht auf sorgfältigen und allseitigen Untersuchungen, berücksichtigt die geklagten Beschwerden und ist in Kenntnis der relevanten Vorakten abgegeben worden. Die Gutachter haben detaillierte Befunde erhoben und hieraus begründete Diagnosen gestellt, die medizinischen Zustände und Zusammenhänge schlüssig dargelegt und ihre Schlussfolgerungen nachvollziehbar begründet. Das Gutachten erfüllt daher die rechtsprechungsgemässen Anforderungen an beweistaugliche Entscheidungsgrundlagen.

    Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers vermag der Umstand, dass ihm in einer späteren Untersuchung eine gute Leistungsbereitschaft attestiert wurde (Urk. 7/21 S. 14), die Beweiskraft des A.___-Gutachtens nicht zu schmälern. Im A.___-Gutachten wurde eingehend dargelegt, basierend auf welchen Beobachtungen die Fachpersonen auf eine Selbstlimitierung schlossen. So führten sie beispielsweise aus, bei der Testung der Hüftbeweglichkeit sei die Beugung aufgrund von Rückenschmerzen nur limitiert (max. 45° und 70°) möglich gewesen, was damit kontrastiere, dass die Hockeposition mit beidseits mindestens 110° möglich gewesen sei (Urk. 7/18 S. 24). Auch der Dokumentation über die Leistungsfähigkeitstests sind detailreiche Beobachtungen zu entnehmen (Urk. 7/18 S. 25 ff.), welche die mangelnde Leistungsbereitschaft des Versicherten aufzeigen. Es ist daher überzeugend und nachvollziehbar, dass die Gutachter zum Schluss kamen, die Beurteilung der Leistungsfähigkeit müsse medizinisch-theoretisch erfolgen (Urk. 7/18 S. 10). Im Übrigen korreliert diese Einschätzung damit, dass die Verhaltensneurologin im Reevaluationsbericht vom 30. September 2022 festhielt, es bestehe eine relevante Diskrepanz zwischen der subjektiven Einschätzung zur Arbeitsfähigkeit und den objektiv leistungseinschränkenden Befunden (Urk. 7/21 S. 33). Auch mit dem Vorbringen, es seien während der Untersuchung objektive Faktoren für eine verminderte Leistungsfähigkeit festgestellt worden, so eine starke Empfindlichkeit bei Palpation der Tenderpoints und der Muskulatur sowie im Bereich der grossen Gelenke (Urk. 1 S. 5), vermag der Beschwerdeführer nicht durchzudringen. Zwar wurde von den Gutachtern über eine starke Empfindlichkeit berichtet (Urk. 7/18 S. 9). Indessen leuchtet nicht ein, inwiefern diese Empfindlichkeit die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen sollte. Dies wird denn vom Beschwerdeführer auch nicht dargelegt. Die IV-Stelle stellte daher in rheumatologischer Hinsicht zu Recht auf die Einschätzung der A.___-Gutachter ab und ging von einer 100%igen Arbeitsfähigkeit in angepasster Tätigkeit aus.

    Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, die Fachpersonen bei der psychiatrisch-pathologischen und verhaltensneurologisch-leistungspsychologischen Untersuchung hätten eine Reevaluation empfohlen. Diese sei nicht durchgeführt worden. Zudem sei die Beurteilung in sich widersprüchlich. Es sei auf die Einschätzung des behandelnden Psychiaters abzustellen (Urk. 1 S. 4 ff.).

    Entgegen der Darstellung des Beschwerdeführers fand eine Reevaluation statt (Urk. 7/21 S. 28-33). In deren Rahmen wurde festgehalten, dass sich ausserhalb einer leichtgradigen, affektbetonten, dysthymen Zeichnung kein relevantes depressogenes Störungsbild objektivieren lasse (Urk. 7/21 S. 31). Die Befunde hätten sich im Vergleich zur Voruntersuchung leicht verbessert (Urk. 7/21 S. 32). Zwar wurde immer noch von einer Leistungslimitierung ausgegangen, diese wurde jedoch als passager qualifiziert (Urk. 7/21 S. 33). Wie die RAD-Ärztin Dr. C.___ festhielt, stellen passagere Einschränkungen keinen langandauernden Gesundheitsschaden dar. Zu Recht wies Dr. C.___ zudem darauf hin, dass beim Versicherten weder die Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10: F43.1) noch diejenigen einer depressiven Episode (ICD-10: F33) vorliegen würden. So hielt zwar der behandelnde Psychiater Dr. Z.___ mehrfach dafür, dass der Versicherte unter Depressionen (Urk. 7/16 S. 35 ff., 7/18 S. 32 ff.) respektive unter einer Traumafolgestörung (Urk. 7/47 S. 5, Urk. 3/3) leide. Seinen Berichten lassen sich jedoch keine objektiven Befunde entnehmen, die eine psychiatrische Diagnose rechtfertigen würden. Die RAD-Ärztin hielt denn auch folgerichtig fest, dass der psychiatrische Behandler die Leistungseinschränkung aus den somatischen Erkrankungen ableite (Urk. 7/49 S. 6; vgl. auch E.3.2). Im Rahmen der psychopathologisch-verhaltensneurologischen Untersuchungen wurde sodann ein praktisch blander Befund erhoben. So konnte der Versicherte selbständig mit dem Auto anreisen, erschien pünktlich, war allseits orientiert und es lagen keine Hinweise für Auffassungsstörungen und/oder Konzentrationsstörungen vor (Urk. 7/21 S. 9, S. 31). Gegen das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung spricht zudem der Umstand, dass der Versicherte in der Lage war, während mehrerer Jahre einer geregelten Tätigkeit nachzugehen und ein intaktes Privatleben aufzubauen (Urk. 7/7). Sowohl bei der komplexen PTBS (ICD-11: 6B41) als auch bei der PTBS gemäss ICD-10 (F43.1) wird eine Manifestation innerhalb von maximal sechs Monaten nach dem traumatischen Ereignis, nur in seltenen Fällen auch später, erwartet (vgl. Urteil des Bundesgerichts 9C_571/2023 vom 11. Januar 2024 E. 6.7). Auch darauf ging Dr. Z.___ in seinen Berichten nicht ein. Vor diesem Hintergrund bestehen keine auch nur geringen Zweifel an der Beurteilung der Dr. C.___.

    Nach dem Gesagten stellte die IV-Stelle zu Recht auf das A.___-Gutachten respektive auf die Einschätzung der RAD-Ärzte ab. Es ist mit dem im Sozialversicherungsrecht geltenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ausgewiesen, dass der Beschwerdeführer in bisheriger Tätigkeit zu 80 % respektive in einer angepassten Tätigkeit zu 100 % arbeitsfähig ist, weshalb die IV-Stelle einen Anspruch auf eine Invalidenrente zu Recht verneinte.


5.    Der Vollständigkeit halber ist darauf einzugehen, dass der Beschwerdeführer ausführte, er würde gerne eine zweijährige Informatikausbildung absolvieren und es seien nach dem Grundsatz «Eingliederung vor Rente» berufliche Massnahmen zu prüfen (Urk. 1 S. 6 f.).

    Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich nur Rechtsverhältnisse zu überprüfen beziehungsweise zu beurteilen, zu denen die zuständige Verwaltungsbehörde vorgängig verbindlich – in Form einer Verfügung beziehungsweise eines Einspracheentscheids – Stellung genommen hat. Insoweit bestimmt die Verfügung beziehungsweise der Einspracheentscheid den beschwerdeweise weiterziehbaren Anfechtungsgegenstand. Umgekehrt fehlt es an einem Anfechtungsgegenstand und somit an einer Sachurteilsvoraussetzung, wenn und insoweit keine Verfügung beziehungsweise kein Einspracheentscheid ergangen ist (BGE 144 I 11 E. 4.3, 131 V 164 E. 2.1, 125 V 413 E. 1a).

    Die angefochtene Verfügung (Urk. 2) ist betitelt mit «Kein Anspruch auf eine Invalidenrente». Der Verfügungstext beginnt mit der Feststellung, dass der Anspruch auf eine Invalidenrente geprüft worden sei. Berufliche Massnahmen sind damit nicht Verfügungsgegenstand der angefochtenen Verfügung, weshalb mangels Anfechtungsobjekts auf den Antrag des Beschwerdeführers auf Zusprache beruflicher Massnahmen nicht einzutreten ist.


6.    Da es um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen geht, ist das vorliegende Verfahren kostenpflichtig. Die Gerichtskosten sind nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert festzulegen (Art. 69 Abs. 1bis IVG) und ermessensweise auf Fr. 700.-- anzusetzen. Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind sie dem Beschwerdeführer aufzuerlegen.



Das Gericht erkennt:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2.    Die Gerichtskosten von Fr. 700.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Rechnung und Einzahlungsschein werden dem Kostenpflichtigen nach Eintritt der Rechtskraft zugestellt.

3.    Zustellung gegen Empfangsschein an:

- Protekta Rechtsschutz-Versicherung AG

- Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, IV-Stelle

- Bundesamt für Sozialversicherungen

sowie an:

- Gerichtskasse (im Dispositiv nach Eintritt der Rechtskraft)

4.    Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Zustellung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 82 ff. in Verbindung mit Art. 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht, BGG). Die Frist steht während folgender Zeiten still: vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach Ostern, vom 15. Juli bis und mit dem 15. August sowie vom 18. Dezember bis und mit dem 2. Januar (Art. 46 BGG).

    Die Beschwerdeschrift ist dem Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, zuzustellen.

    Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift der beschwerdeführenden Partei oder ihrer Rechtsvertretung zu enthalten; der angefochtene Entscheid sowie die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat (Art. 42 BGG).


Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich


Die VorsitzendeDie Gerichtsschreiberin




PhilippMuraro